Drogenhandel: Man schlachtet nicht die goldene Gans, die das weiße Pulver legt

Der Drogenhandel ließe sich binnen weniger Jahre stoppen. Doch solange die Mächtigen damit Milliarden für Kriege und andere unsaubere Aktionen verdienen, soll die Jugend sich gerne weiterhin vergiften.

Angeritzte Mohnkapseln. Aus ihrem Saft wird Rohopium gewonnen, dessen Morphin chemisch in Heroin umgewandelt wird.

Angeritzte Mohnkapseln. Aus ihrem Saft wird Rohopium gewonnen, dessen Morphin chemisch in Heroin umgewandelt wird.

Es war an einem ganz gewöhnlichen Tag im Jahre 1987, als Craig Roberts' Weltbild zusammenstürzte. Da stand er, der altgediente Vietnam-Veteran mit langer und erfolgreicher Militärkarriere, der Polizist mit 26 Jahren Berufserfahrung in Spezialeinheiten, und wußte, daß seine Regierung ihn belogen hatte. Er blickte aus dem Fenster im 6. Stock des Texas School Book Depository auf die berühmtberüchtigte Dealey Plaza hinunter, und wußte, daß Lee Harvey Oswald vor einem Vierteljahrhundert unmöglich von diesem Fenster aus John F. Kennedy erschossen haben konnte. „Der Grund dafür, daß ich das wußte, war, weil ich schlachterfahrener Marine Sniper in Vietnam gewesen war, und ich hätte es auch nicht gekonnt – die drei Schüsse aus dem alten Gewehr, mit welchem Oswald laut der Warren- Kommission die Schüsse abgegeben haben soll – auf ein sich bewegendes Ziel, durch Bäume, und mit dem genauesten Schuß in größter Distanz – und all das in 5,6 Sekunden."

Die Weltbilderschütterung, die Roberts in Dallas erlebte, ließ ihn neugierig werden. Forschend. Mißtrauisch. Und tatsächlich, was er in den folgenden Jahren an Dingen über sein Land herausfinden sollte, ist eine völlig neue Geschichtsschreibung. „Ich konnte nicht fassen, in welchem Ausmaß das Böse unsere Regierung bis auf die höchsten Ebenen infiltriert hatte", schreibt er im Vorwort zu seinem Buch The Medusa Files. Ein Kapitel darin richtet den Scheinwerfer auf den sogenannt weltweiten Drogenkrieg, von dem wir glauben, die Protagonisten zu kennen: Da gibt es den bösen General in Burma, der hauptverantwortlich für die 1000 Tonnen Heroin ist, die im ‘GoldenenDreieck' als Opium angebaut werden; da gibt es die bösen Bosse der Drogenkartelle von Kolumbien. Da gibt es internationale Mafia-Organisationen, welche die Drogen über Schleichwege in jene übersättigten Länder bringen, in denen eine materiell reiche und seelisch arme Jugend auf die Scheinwelt im weißen Pulver wartet. Und da gibt es die guten Regierungen dieser Länder, die diesen Drogen den Krieg angesagt haben–allen voran die USA.

Wie geht man damit um, wenn man plötzlich entdeckt, daß der Bock der Gärtner ist, bzw. daß aller Wahrscheinlichkeit nach dieselben Kreise den Drogenhandel organisieren, die ihn offiziell bekämpfen? Es tönt nach Schauermärchen und galoppierendem Verschwörerwahn, für wahr. Craig Roberts allerdings recherchiert solide. Viele seiner Informationen hat er aus erster Hand, von Menschen also, die das Geschehen selbst miterlebten: Ehemalige Angehörige von Militär und Geheimdiensten. Behaupten wir, daß alles buchstabengetreu wahr ist in diesem Artikel? Können wir nicht, da wir nicht die Möglichkeit haben, es selbst nachzuprüfen. Doch die Quellen wirken seriös, die Fakten verweben sich zu einem Netz, das ebenso tragfähig ist wie geeignet, die freie Sicht der Öffentlichkeit zu verschleiern. Urteilen Sie also selbst!

Laos – der geheime Krieg

Während die Weltöffentlichkeit dachte, daß nur in Vietnam ein Krieg wüte, kam Craig Roberts einem zweiten, geheimgehaltenen, im Nachbarland Laos auf die Spur. Der zweite Krieg bestand eigentlich aus einer geheimen Operation des US-Geheimdienstes CIA. Es waren denn auch nur wenige hundert Mitglieder der Spezialkräfte der US-Armee, welche für die Operation Whitestar arbeiteten. Ihre Aufgabe bestand darin, für den laotischen Kriegsherrn General Vang Pao eine Guerillaarmee aus Angehörigen der Meo- und der Hmong-Stämme zu trainieren. Ihr Feind waren die kommunistischen Pathet Lao- Guerillas im nördlichen Laos – und später die nordvietnamesische Armee auf der laotischen Seite der Grenze.

Der CIA sandte 40 Agenten aus der ehemaligen Operation Mongoose nach Laos, die in Miami nicht länger für Anti-Castro-Unternehmungen gebraucht wurden. Man beobachtete Laos sehr genau, da schon Eisenhower befürchtet hatte, Laos könnte der nächste Dominostein sein, der an die Kommunisten fiele. Der Vietnam-Krieg geht Roberts zufolge ohnehin nicht nur auf die nordvietnamesische, kommunistische Bedrohung zurück.

Nicht nur die Kommunisten

Laut Colonel Fletcher Prouty, welcher unter Präsident Kennedy der Leiter der verdeckten Aktionen im Pentagon gewesen war, begannen die Schwierigkeiten in Südvietnam aufgrund der politischen Intervention der Amerikaner nach dem Fall von Dien Bien Phu. Nach dem die Franzosen das Land hatten verlassen müssen, brach die Infrastruktur zusammen. Innerhalb kurzer Zeit ereigneten sich einige verhängnisvolle Dinge: Die Polizei, die vorwiegend aus französischen Kolonialeinheiten bestanden hatte, verließ Vietnam; die chinesischen Händler, welche eine Brücke zwischen den reisanbauenden Bauern und den Städten gebildet hatten und die für die Verteilung des Reises gesorgt hatten, wurden aus dem Land gejagt – wobei die Verbindung zwischen Stadt und Land unterbrochen wurde; und Millionen von nichtkommunistischen nordvietnamesischen Flüchtlingen wurden gewaltsam aus ihrer angestammten Heimat im Norden herausgerissen und zur Umsiedlung in den Süden gebracht. Letzteres soll eine der Hauptursachen für den späteren Krieg gewesen sein, denn die nordvietnamesischen Flüchtlinge waren hauptsächlich Katholiken tonkinesischer Herkunft, während die Mehrheit der südvietnamesischen Bevölkerung annamesische Buddhisten waren. Die Flüchtlinge hatten weder Verwandte noch Freunde im Süden, und so wandten sie sich an die Regierung um Hilfe. Diese mußte also dringend Jobs für die Flüchtlinge besorgen – und die einzigen verfügbaren waren solche in den Behörden.

So sahen sich die Dorfbewohner Südvietnams plötzlich mit Steuereinziehern, Regierungsagenten, Polizeioffizieren, Lehrern und anderen Regierungsfunktionären konfrontiert, die katholischen Glaubens waren und wenig Sympathie hegten für ihre uralten Feinde, die annamesischen Buddhisten. Als Probleme auftauchten – wer beispielsweise die Reisernte auf die Märkte bringen würde, nun, da die chinesischen Händler verschwunden waren – wußten die neuen Regierungsfunktionäre auch keine Lösung, und meistens kümmerten sie sich auch nicht besonders darum. Die Spannungen wuchsen. Schließlich flackerten einige Konflikte auf – nicht nur zwischen Dörflern und Funktionären, sondern auch zwischen verschiedenen Dörfern. Der Streitpunkt war das Wasser.

Vietnams Grundwasser ist aufgrund der Abwässer der Reisfelder extrem verschmutzt. Regenwasser, das während des Monsuns aufgefangen wird, ist daher die einzige Trinkwasserquelle. Ohne ihren riesigen Wassercontainer könnte keine Familie überleben.

Nun begannen die neuen Vertreter der Saigoner Regierung, diese Wassercontainer zu zertrümmern, wenn eine Familie sich eine (vermeintliche) Gesetzesübertretung geleistet hatte. Man zerstörte auch Container, um die Familien zur Neuansiedlung in anderen Gebieten zu zwingen. Wer sich dagegen sträubte, wurde schließlich zum Banditen, der andere Dörfer überfiel, um zu Nahrung und Wasser zu kommen. Diese Leute, welche in den Dschungeln und Marschgebieten des Mekong-Deltas lebten, wurden schließlich als die ‘Viet Cong'bekannt.

Und wieder einmal: Der CIA

Das Umsiedlungsprogramm war eine Kopfgeburt des CIA. Durch seine Militärstation in Saigon war er fähig, eine veritable Revolution in Südvietnam anzuzetteln. Gleichzeitig war er in der Lage zu gewährleisten, daß die logistische Versorgung und die Waffen der neuen Guerillatruppen, welche sich im Hinterland formierten, aus Nordvietnam kamen – und auch dorthin zurückverfolgt werden könnten.

Als in Vietnam diese Dinge geschahen, fanden andere paramilitärische Aktivitäten des CIA jenseits der laotischen Grenze statt. Doch statt wie im Falle Vietnam die Medien zu benützen, um die Aufmerksamkeit auf die unbeständige politische Lage im Land zu lenken – mit dem Ziel, eine militärische Intervention Amerikas vorzubereiten–wurde der Krieg in Laos vor neugierigen Augen verborgen gehalten. „Der Grund dafür liegt höchstwahrscheinlich – obwohl dies niemals zugegeben wurde – in der Art, wie diese spezielle Operation finanziert wurde", schreibt Roberts. „Statt durch die normalen Budgetkanäle zu gehen, entschied sich der CIA, die Haupteinnahmequelle der Region zu benützen, um seinen geheimen Krieg zu finanzieren. Diese Haupteinnahmequelle war Opium."