Epstein-Barr: In unser Immunsystem „gehackt“

Die Schilddrüsenerkrankung Hashimoto, Fibromyalgie, das chronische Müdigkeitssyndrom: Hinter all diesen Erkrankungen kann das Epstein-Barr-Virus stecken, das sich unbemerkt in unserem Immunsystem einnistet. Wie lässt sich der Eindringling in seine Schranken verweisen?

Zarah Bergmann litt unter einer ganzen Palette von Krankheiten: Fibromyalgie, Neurodermitis, Sinusitis, Tinnitus, Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, depressiver Verstimmung und der chronischen Schilddrüsenentzündung Hashimoto. Obwohl sie selber auf drei Kontinenten Medizin studiert hatte und von führenden Experten behandelt wurde, konnte sie während Jahrzehnten weder die tatsächlichen Ursachen ihrer Beschwerden finden noch die Symptome nachhaltig mildern.

Malware im Immunsystem: Das Epstein-Barr-Virus schleust ein Schadprogramm in die Zelle ein.

Erst nachdem sich Bergmann intensiver mit Herpes-Viren zu beschäftigen begann und insbesondere mit dem Epstein-Barr-Virus, entdeckte sie, welchen enormen Einfluss diese Viren auf vielerlei Symptome und auch chronische Krankheiten haben können. Durch jahrelanges Experimentieren, Recherche und praktische Arbeit im Bereich der Naturheilkunde gelang es der Ärztin schließlich, die Ursachen ihrer chronischen Beschwerden aufzudecken und wirksame Eigentherapieansätze zu entwickeln.

Das Epstein-Barr-Virus, abgekürzt EBV, wird medizinisch auch infektiöse Mononukleose genannt und gehört zur Gruppe der humanen Herpesviren Typ 4 (HHV-4). Seine Ursprünge reichen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Das Virus breitete sich anfangs relativ langsam aus. Da es via Speichel, aber auch durch Schmierinfektion übertragen wird, spricht man auch von der „Kusskrankheit“. Die Erstinfektion, auch bekannt als das Pfeiffersche Drüsenfieber, läuft in vielen Fällen völlig unbemerkt ab und kann danach ein Leben lang ruhen. Laut dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung DZIF infizieren sich mehr als neunzig Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens mit dem Epstein-Barr-Virus.

Neuere Erkenntnisse zeigen, dass das Virus im Laufe der Jahrzehnte mutiert ist und jede Virusgeneration aggressiver wurde als jene davor. Dazu beigetragen haben laut Forschern die Industrialisierung, die Verschmutzung der Umwelt mit Schwermetallen, Pestiziden und Herbiziden, der Elektrosmog und exzessive Gebrauch von Antibiotika. Die Folge: Auch noch Jahrzehnte nach der Erstinfektion durch eine solch aggressive Virusvariante kann es zu einer Reaktivierung der Krankheit mit Komplikationen kommen.

Das Epstein-Barr-Virus ist tatsächlich heimtückisch: Es nistet sich latent in den B-Lymphozyten des Immunsystems ein, ohne eine Virusproduktion in Gang zu setzen (sogenannter „lysogener Zyklus“), und kann sich so dem Zugriff der Körperabwehr entziehen. Auf diese Weise kann das Virus unsere Immunabwehr zu seinen Gunsten umprogrammieren, was zu Autoimmunerkrankungen führen kann. Dazu gehört nachweislich die Hashimoto Thyreoiditis. So haben Wissenschaftler das EBV gemäß einer 2015 veröffentlichten polnischen Studie bei 80,7 Prozent der Menschen mit Hashimoto in deren Schilddrüsen nachgewiesen. Das Virus fand man auch bei 62,5 Prozent der Menschen, die an Morbus Basedow1 erkrankt sind, weshalb auch hier ein Zusammenhang vermutet wird.

Schilddrüsenerkrankungen und vor allem die Hashimoto Thyreoiditis sind heute stark im Vormarsch. Dazu tragen wohl nicht zuletzt die zunehmende Mikrowellenstrahlung und insbesondere die Smartphones bei: Während sich bei Handys der älteren Generationen die Antenne im oberen Bereich des Geräts befindet, wodurch die Strahlung einen direkten, negativen Einfluss auf unser Gehirn ausübt und zum Beispiel Hirntumore fördern kann, so ist sie heute eher im unteren Bereich der Geräte zu finden. Telefoniert man mit einem solchen Smartphone, ist die Antenne sehr nah an der Schilddrüse. Die Hypothese: Die Mikrowellenstrahlung konzentriert sich im Bereich der Schilddrüse, schwächt diese und macht sie so anfällig für das Epstein-Barr-Virus – und damit für die Autoimmunerkrankung Hashimoto.

Umprogrammiertes Immunsystems

Was ist eigentlich eine Autoimmunerkrankung? Dass der Körper eigene Zellen angreifen soll, ergibt für die Ärztin Zarah Bergmann keinen Sinn: „Unser Körper ist immer bestrebt, sich selbst zu heilen. Er greift sich selbst niemals an! Wenn aber eine Zelle durch ein Virus „versklavt“ ist, dann ist es möglich – das ist meine Vermutung –, dass eine solche Zelle mich, also meinen Körper, angreift. Eine versklavte Zelle ist nicht mehr meine eigene Zelle.“ Das Virus könne sich im Zellkern festsetzen, sich dort mit der DNA verbinden und so die Zelle umprogrammieren – also quasi wie ein Hacker, der sich an den Zentralcomputer setzt, dort für eine fehlerhafte Programmierung sorgt und diese in Umlauf bringt – auch hier sprechen wir ja interessanterweise von Viren! Ein solch fehlerhaftes Programm in der menschlichen Zelle lautet gemäß Bergmann zum Beispiel: Die Zelle soll unsterblich werden. „Was bedeutet es, wenn eine Zelle unsterblich wird? Das ist nichts anderes als ein Krebsprogramm [weil sie sich unkontrolliert zu teilen/ vermehren beginnt; Anm. d. Red.].“ Tatsächlich werden Epstein-Barr-Viren auch mit verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht, wie etwa dem Lymphdrüsenkrebs (Morbus Hodgkin). Das EBV kann mit seinen Neurotoxinen aber auch Nerven entzünden und so im Körper ganz viele Probleme verursachen, darunter Polyneuropathien oder Entzündungen von Gehirn und Hirnhäuten. Auch Fibromyalgie – nach einem neueren Krankheitsmodell eine immunologische Störung – wird heute mit dem Epstein-Barr-Virus in Zusammenhang gebracht. Ebenso das chronische Müdigkeitssyndrom. Dennoch wird diesen Viren noch immer viel zu wenig Beachtung geschenkt, wenn es um die Diagnose und Behandlung von chronischen Krankheiten geht.

Stress – der ideale Nährboden für Viren

Als ihr klar wurde, weshalb sie von so vielen Krankheiten geplagt wurde, begann Zarah Bergmann ihr Leben konsequent umzustellen. Sie führte Entgiftungs- und Entsäuerungskuren durch und reduzierte den Stress in ihrem Leben. Denn dank Stress, negativen Gedanken und Sorgen können sich Viren prächtig vermehren. „Stress bedeutet Adrenalin und damit erhöhtes Cortisol. Das heißt, der Körper ist nicht mehr in seinem natürlichen Gleichgewicht, das Milieu verändert sich negativ – Viren haben so ein leichtes Spiel.“ Stressabbau, richtiges Atmen und genügend Bewegung sind daher wesentlich, wenn man will, dass der Körper die Viren wieder in den Griff bekommt.

Der entscheidende Durchbruch gelang Bergmann aber erst, nachdem sie gezielt damit begonnen hatte, ihren Körper zu „entviralisieren“, wie sie es nennt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Ernährung. Sie muss so umgestellt werden, dass Viren im Körper nicht weiter gefördert werden, sondern mit der Zeit verhungern. Lebensmittel, die den Körper beim Kampf gegen die Viren unterstützen, gibt es viele. Zu ihnen gehören Sellerie, Fenchel, Grünkohl, Sprossen, Spargel, Spinat, Petersilie, Koriander, Knoblauch, Ingwer, Kurkuma, Granatapfel, Himbeeren, wilde Heidelbeeren, Papaya, Aprikosen und Süßkartoffeln.

Bergmann machte auch bestimmte Lebensmittel aus, die zwar als gesund gelten, jedoch im Zusammenhang mit Viren nicht empfehlenswert sind. So sollten etwa Nüsse unbedingt nur in Maßen genossen werden, denn sie enthalten die Aminosäure Arginin, die das Wachstum und die Vermehrung von Viren fördert. Auch Lebensmittel wie Reis, Mais, Tomaten und Schokolade sollten eher gemieden werden. Wichtig hingegen ist eine ausreichende Versorgung mit Lysin, weil dieses die Ausbreitung der Viren verhindert. „Ein gesunder Körper braucht dreimal mehr Arginin als Lysin, wenn man aber Viren hat, muss es umgekehrt sein“, so Bergmann. Da das Virus innere Entzündungen verursachen kann, ist auch eine entzündungshemmende Ernährung hilfreich – Zucker in jeglicher Form sollte weggelassen, Kohlenhydrate reduziert und hauptsächlich in Form von Gemüse und Obst eingenommen werden. Und als letzten Schritt, um die Epstein-Barr-Viren in die Schranken zu weisen, brauche es unbedingt antivirale Nahrungsergänzungen, sagt Zarah Bergmann.2

Quellenangaben