Windkraft: Gefährlich für Mensch und Tier

Nach Tschernobyl und Fukushima ist die einst hochgelobte Kernkraft in Verruf geraten, die Menschen wollen heute „saubere“ Energie. Derzeit erlebt insbesondere die Windkraft einen Boom – doch sie verursacht hohe Kosten und die Turbinen können Mensch und Tier krank machen.

Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 hat sich bei vielen Menschen das Bewusstsein geregt, dass wir bezüglich der Atomkraft mit einer Technologie herumspielen, an der wir uns die Finger verbrennen könnten. Viele der heute noch in Betrieb stehenden Kernkraftwerke wurden zwischen den 70er- und den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet und haben nun allmählich das Ende ihrer Laufzeit erreicht. Bereits zeigt sich, dass die Stilllegung meist sehr viel mehr kosten wird, als man ursprünglich angenommen hatte. Auch die Frage nach der Entsorgung des Atommülls bereitet Kopfzerbrechen, niemand will den Dreck vor seiner Haustüre vergraben haben – und niemand weiß, was diese strahlende Hypothek für unsere Nachkommen bedeuten wird.1 Dazu kommt, dass heutzutage Cyberangriffe auf Kernkraftwerke schon längst Realität sind, wie der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bereits 2016 erklärte. Wie lange kann dieses russische Roulette gutgehen?

Die Druckwellen von Windturbinen können noch in zwanzig Kilometern Entfernung gemessen werden. Und: Gebäude schirmen Infraschall nicht ab!

Die Druckwellen von Windturbinen können noch in zwanzig Kilometern Entfernung gemessen werden. Und: Gebäude schirmen Infraschall nicht ab!

Aus den in den Medien oft wiederholten und bekannten Gründen hat in den letzten Jahren der Druck auf die Regierungen und die Industrie zugenommen, auf erneuerbare Energien umzuschwenken. Auch die Verträge des Pariser Klimaabkommens verpflichten die Staaten, hinsichtlich einer "sauberen" Energieversorgung tätig zu werden. Zu den heutigen "Renewables" gehört die Geothermie, die in Ländern wie Neuseeland oder den Philippinen einen wichtigen Anteil an der Erzeugung von Energie hat und in Island den Heizungsbedarf zu neunzig Prozent deckt. Ein Vorteil der Geothermie ist, dass sie wetterunabhängig genutzt werden kann, allerdings eignen sich dafür nur gewisse Standorte. Zur sogenannten Bioenergie werden sämtliche Verfahren gezählt, bei denen aus Biomasse, zum Beispiel Holz (Pelletheizungen), Gülle oder Silage, Energie gewonnen wird. Die Bioenergie gerät immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik, weil sie – insbesondere wenn es um die Produktion von Biotreibstoffen geht, bei der beispielsweise Soja oder Mais zum Einsatz kommen – oft in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht, respektive Nahrungsmittel "verfeuert" werden.

Die Kraft des Wassers wiederum wird von den Menschen schon seit Jahrtausenden genutzt. Diese Technologie ist gut etabliert und ist mit einem Anteil von rund sechzehn Prozent nach Kohle und Erdgas (und noch vor der Atomkraft) die drittwichtigste Quelle der Stromproduktion weltweit. Mit einer Effizienz von rund 98 Prozent schlägt die Wasserkraft die Energiegewinnung mittels Kohle (Effizienz rund 33 Prozent) oder durch Kernenergie (Effizienz vierzig Prozent, manchmal auch etwas mehr) bei Weitem. In Ländern wie Kanada, Venezuela und Brasilien hat Wasserkraft einen Anteil zwischen 61 und 85 Prozent an der gesamten Stromproduktion des Landes. Norwegen deckt sogar fast 99 Prozent seines Bedarfs mit der Energiegewinnung aus Wasser, auch in der Schweiz und Österreich ist der Anteil mit 52 respektive 57 Prozent hoch. Die Wasserkraft ist natürlich abhängig von den Niederschlagsmengen, aber auch von den geographischen Gegebenheiten. Obwohl sie als sehr "sauber" gilt, sind die Auswirkungen auf die Natur bei der Errichtung neuer Wasserkraftwerke massiv. Durch den Bau des größten Wasserkraftwerks der Welt, der Drei-Schluchten-Talsperre in China, wurde ein ganzes Ökosystem verändert, der natürliche Lebensraum von Tausenden von Pflanzenarten und Hunderten von Tierarten ging verloren. Weil die ökologischen Auswirkungen solcher Riesenprojekte immens sind, haben beispielsweise die USA erklärt, keine großen Wasserkraftwerke mehr zu bauen.

Somit bleiben noch zwei Quellen zur Energiegewinnung, auf welche die Menschheit derzeit ihre Hoffnung setzt, nämlich die Sonne und der Wind. Die Energiemenge, die von der Sonne erzeugt wird und noch auf der Erdoberfläche auftrifft, ist mehr als fünftausend Mal so groß wie der gesamte Energiebedarf der Menschheit. Energie also in Hülle und Fülle. Nur bekommen nicht alle gleich oft gleich viel davon ab; manchmal ist die Sonneneinstrahlung so stark, dass wir nicht wissen, wohin mit all der Energie, an anderen Tagen würde es kaum für das Erhitzen des Spaghettiwassers reichen. Außerdem sind Speichermedien immer noch teuer und haben oft noch zu wenig Kapazität, auch wenn in diesem Bereich momentan viel geforscht wird. Daher sind als "Backup" zur Solarenergie nach wie vor andere Energieerzeuger wie eben Gas, Kohle oder Atomkraft notwendig, um Versorgungslücken zu überbrücken. Somit liegt die Effizienz der Solarenergie derzeit bei ungefähr fünfzig Prozent.

Die Windkraft weist eine ähnliche Effizienz auf wie die Sonnenenergie. Weil sie aber nicht nur an Land, sondern auch auf dem häufig windigen Meer genutzt werden kann; weil der Wind fast überall auf der Welt bläst und die Technologie im Vergleich zu anderen Energiegewinnungsarten gut entwickelt ist; weil auch hier die Investitionskosten laufend sinken, die ökologischen Auswirkungen als gering eingeschätzt werden und sehr viele Standorte infrage kommen, ist die Windenergie zur Zeit der am stärksten wachsende Energiezweig der Welt. Insbesondere sonnenärmere Länder setzen vermehrt auf die Windenergie. So standen in Österreich Ende 2017 1'260 Windräder, die 1,75 Millionen Haushalte mit Strom versorgen und somit 10 Prozent des Bedarfs decken. Deutschland verfügte zum selben Zeitpunkt über 28'675 Windanlagen, womit 12,3 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden, und in der Schweiz sind es zurzeit 37 Groß-Windenergieanlagen, die 0,2 Prozent des Strombedarfs des Landes befriedigen können. Allerdings hat die Schweiz Großes vor: Bis 2050 sollen sechshundert bis achthundert neue Windkraftanlagen entstehen. Viel zu viele, sagen verschiedene Natur- und Tierschutzverbände. Die Regierung hat im Text des neuen Energiegesetzes nämlich zu einem Trick gegriffen, um möglichst viele Anlagen realisieren zu können. Dort steht, die Nutzung der Windkraft sei von nationalem Interesse, was bedeutet, dass der Natur- und Heimatschutz nicht mehr automatisch Vorrang gegenüber den Bauprojekten haben. Gemäß den diversen Umweltverbänden ließen sich in der kleinen Schweiz aber höchstens 150 Anlagen einigermaßen landschafts- und umweltverträglich realisieren.

Vogel- und Fledermausfalle

Die Bedenken der Schweizer Naturschützer sind durchaus berechtigt. In den USA kommen jährlich 880'000 Fledermäuse an den Windrädern zu Tode. In Deutschland sterben jedes Jahr rund eine Viertelmillion Fledermäuse wegen der Windräder – die meisten sind geschützte Arten, viele von ihnen auf Durchwanderung. Doch die Tiere werden nur selten von den Rotorblättern erschlagen, dank ihres Echolots können sie solche Hindernisse relativ problemlos umfliegen. Wie eine im Jahr 2015 in der Fachzeitschrift Current Biology publizierte Studie beweisen konnte, ist die Todesursache bei neunzig Prozent der Fledermäuse vielmehr ein sogenanntes Barotrauma. Beim Menschen ist das Barotrauma in der Tauchmedizin gut bekannt als "Taucherkrankheit". Dabei handelt es sich laut Wikipedia um eine "Verletzung, die durch Änderungen des Umgebungsdruckes und dessen Auswirkungen auf luft- oder gasgefüllte Hohlräume und deren Hüllen bei Lebewesen, einschließlich des Menschen, verursacht wird". An den Rotorblättern von Windkraftanlagen entstehen stark schwankende Luftdruckverhältnisse. Der plötzliche Unterdruck hinter den Rotoren lässt die Lungenbläschen oder auch andere Gefäße der Fledermäuse platzen, sie verbluten innerlich. Diese Verletzungen sind nicht sofort tödlich. Die Fledermäuse können oft noch eine ganze Weile weiterfliegen, bevor sie tot zu Boden stürzen. Dort werden ihre Kadaver meist schnell von Füchsen, Mardern oder anderen Aasfressern beseitigt. Aus diesem Grund ist die Zahl der getöteten Tiere womöglich sogar noch höher, als man bisher annimmt.

Dasselbe Schicksal ereilt jedes Jahr auch Tausende von Vögeln. In Deutschland sind es zwischen 28'000 und 140'000 Vögel (auch hier sind effektive Zahlen nur schwer abschätzbar), darunter viele geschützte Arten wie Rotmilan oder Mäusebussard. Deshalb ließ die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft schon 2013 verlauten, dass die Bestände von beinahe der Hälfte aller Vogelarten deutlich abgenommen hätten, was auch eine Folge des unüberlegten und übereilten Ausbaus der Windkraft sei. Zahlen aus den USA sprechen von rund 600'000 Tieren, die dort jährlich von den Windrädern "geschreddert" werden.

Bekannt, aber noch kaum untersucht, sind die Verdrängungsmechanismen, die durch den Bau von Windkraftanlagen entstehen. Vögel meiden nämlich instinktiv die Nähe der Anlagen und suchen sich neue Brut- und Rastplätze. Für viele Arten, deren Lebensraum sowieso schon stark geschrumpft ist, bedeutet dies unter Umständen, dass sie nirgends mehr nisten können, wie ein Beispiel aus der hessischen Vogelsbergregion zeigt. Dort verschwanden nach dem Bau von 170 Windrädern neun von vierzehn Nistpaare der seltenen Schwarzstörche.

Da aus diesen Gründen vielerorts – gerade in der Nähe von Naturschutzgebieten und Brutplätzen – Widerstand gegen geplante Windkraftanlagen erwächst, ergreifen manche Windkraftbefürworter drastische – oder vielmehr, kriminelle – Maßnahmen, um ihre Interessen durchzusetzen. So erhielt die Deutsche Wildtier Stiftung innerhalb eines Jahres Kenntnis von achtzig Fällen, wo mutwillig die Nistplätze geschützter Vogelarten wie Seeadler, Schreiadler oder Rotmilan zerstört wurden (beispielsweise indem man die Bäume mit den Nestern darauf gefällt hatte), weil in der Nähe solcher Brutplätze keine neuen Windkraftanlagen errichtet werden dürfen. Die Dunkelziffer aufgrund nicht bemerkter oder nicht gemeldeter Fälle dürfte sogar noch höher sein. Ursache für dieses Verhalten ist einmal mehr das liebe Geld. Die Pachtzahlung (die über die Stromrechnung der Bürger geleistet wird) für eine einzige Windanlage beträgt in Deutschland mittlerweile bis zu 80'000 Euro pro Jahr, während der gesamten Betriebsdauer der Anlage, das heißt rund zwei Jahrzehnte lang. Wer also eine Landfläche besitzt, auf der zehn Windräder Platz finden, dem winken sechzehn Millionen Euro Gewinn. Wen interessieren denn da noch ein paar Greifvögel? Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert die Politiker deshalb auf, als Gegenmaßnahme zu einer Strategie zu greifen, die von den Italienern angewandt wird, um die Mafia davon abzuhalten, Waldstücke zwecks Immobilienspekulation abzufackeln: In Plangebieten, in denen Vogelhorste zerstört werden, sollen während mindestens zehn Jahren keine Windpärke mehr erstellt werden dürfen.

Walsterben durch Windpark-Bau?

Daher scheint es vielen besser, die Windanlagen im Meer zu errichten. Dort gäbe es keinerlei Nachteile für die Tierwelt, heißt es allenthalben, im Gegenteil, an den Fundamenten der Anlagen würden sich neue Meerespopulationen wie beispielsweise Muscheln oder Krebse massenhaft ansiedeln. Abgesehen davon, dass niemand weiß, was es langfristig für Folgen für das Ökosystem hat, wenn gewisse Tierpopulationen sich drastisch vermehren, während andere verdrängt werden, ist die Behauptung, es kämen durch den Bau der Offshore-Anlagen keine Tiere zu schaden, einfach falsch. Soweit es die Vögel betrifft, warnen Tierschützer, dass bei bestimmten Wetterlagen, angelockt durch die Lichter der Windkraftanlagen, gleich Hunderte wenn nicht Tausende Tiere eines Vogelschwarms in den Windpärken verenden könnten. Weil deren Körper ins Wasser fallen, ist es dort noch schwieriger als an Land, genaue Zahlen vorzulegen.

Gravierender sind jedoch die Schäden, die beim Rammen der Pfeiler in den Meeresboden entstehen. Für einen einzigen Pfeiler sind zwei- bis dreitausend Schläge nötig, die einen Schalldruckpegel von jeweils 235 Dezibel verursachen. Robben können dadurch ertauben, und auch das Gehör der beispielsweise in der Nordsee heimischen Schweinswale nimmt bereits ab 160 Dezibel Schaden. Da sich die Meeressäuger auf akustische Signale verlassen, haben sie außerdem Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Während des Ausbaus eines Windparks in Schleswig-Holstein wurde eine hohe Zahl toter Schweinswale am Strand angeschwemmt. Da die Kadaver aus Kostengründen nicht näher untersucht wurden, bleibt offen, ob ein Zusammenhang mit den Bauarbeiten bestand. Zwar werden zum Teil Maßnahmen zum Schutz der Meereslebewesen ergriffen. In den Niederlanden ist es zu gewissen Zeiten verboten, Pfeiler in den Boden zu rammen, weil man die Fischbrut, die Nahrungsgrundlage gewisser bedrohter Vogelarten ist, nicht gefährden will. In Deutschland wiederum wird durch einen Druckschlauch am Meeresboden ein Vorhang aus Luftblasen rund um den zu setzenden Pfeiler geblasen, um so den Lärmpegel auf 160 Dezibel zu beschränken. Dänemark probiert es mit der Kofferdamm-Methode, bei der die Pfeiler ummantelt werden, oder man versucht es mit dem sogenannten Einvibrieren, das gegenüber dem Rammen bedeutend leiser sein soll.

Übrigens gibt es auch an Land Systeme, mit denen versucht wird, Fledermäuse oder Vögel von Windkraftanlagen fernzuhalten, oder man stellt die Anlagen zu bestimmten Zeiten – beispielsweise in lauen Sommernächten, wenn die Fledermäuse vorzugsweise unterwegs sind – einfach ab. (Allerdings haben dann die Leute keinen Strom, es sei denn, man schaltet wieder andere Energieerzeuger wie Kohle oder Atom dazwischen.) Trotz dieser Bemühungen sind die Bedrohungen für die Tierwelt durch die Windräder noch nicht aus der Welt geschafft, sei es, weil die Maßnahmen noch zu wenig eingesetzt werden, sei es, weil sie noch zu wenig ausgereift oder erprobt sind. Doch abgesehen davon und ohne in Erwägung zu ziehen, wie sich Tausende von Windrädern – die heute über 200 Meter hoch sind und eine Rotorspannweite von bis zu 165 Metern haben, mehr als die doppelte Flügelspannweite eines Jumbojets – auf das Landschaftsbild auswirken, droht Unbill noch von ganz anderer Seite.

Ist etwas faul im Staate Dänemark?

Blicken wir zu diesem Zweck zuerst nach Dänemark, das als Pionier bezüglich der Windkraft gilt. Kein anderes europäisches Land verfügt über mehr installierte Leistung durch Windkraft pro Kopf der Bevölkerung. Rund ein Viertel2 der Gesamtenergie des Landes stammt aus Windenergie; außerdem ist Dänemark einer der führenden Hersteller von Windkraftanlagen weltweit. Doch seit ein paar Jahren werden in Dänemark kaum noch neue Windkraftanlagen an Land gebaut. Grund dafür sind Vorkommnisse wie diese: Kurz nachdem in wenigen hundert Metern Abstand zur Farm des Nerzzüchters Kaj Bank Olesen vier Windräder in Betrieb gingen, brach das Chaos aus. Die Tiere begannen schrill zu kreischen und sich gegenseitig totzubeißen. Bei Westwind wiederholt sich das grausige Geschehen regelmäßig. Später kamen noch weitere Probleme hinzu. Rund fünfhundert von 4'500 Nerzweibchen erlitten Fehl- oder Totgeburten (normalerweise liegt der Durchschnitt bei zwanzig Fehlgeburten), viele Jungtiere wurden mit Missbildungen geboren.

Die Olesens selbst hatten plötzlich mit Kopfschmerzen, Atembeschwerden und Schlafproblemen zu kämpfen. Nun fahren sie zum Schlafen jeden Abend fünfzig Kilometer weit bis zu ihrem Sommerhaus und am nächsten Morgen wieder zurück zur Nerzfarm. Kaj Bank Olesen glaubt nicht, dass seine Farm noch lange existieren wird, und sein Wohnhaus gilt unterdessen als unbewohnbar und damit unverkäuflich.

Quellenangaben

  • 1 Über die enormen Gefahren der schmutzigen Atomkraft
    lesen Sie ausführlich in der ZeitenSchrift-Druckausgabe Nr. 57!
  • 2 Zum Teil wird auch von vierzig Prozent gesprochen, allerdings ist diese Zahl umstritten.