Leihmutterschaft: Das schmutzige Geschäft mit dem menschlichen Leben

Kinderlosigkeit ist heute kein Schicksal mehr, das einfach so hingenommen wird. Denn selbst Kinder kann man heute shoppen wie Kleider und der menschliche Brutkasten lässt sich mit genügend Geld gleich dazu mieten.

Welchen Wert hat ein Kind?

Michael Jackson war einer der ersten, die es taten. Kim Kardashian hat es mehrfach getan, ebenso Elton John, Paris Hilton, Cristiano Ronaldo, der Popsänger Ricky Martin und Elon Musk. Das Supermodel Naomi Campbell tat es mit über 50 und der Schauspieler Robert De Niro war 80 Jahre alt, als er es mit seiner 65-jährigen Partnerin Tiffany Chen tat. Ihre „Tat“ bestand in erster Linie darin, dass sie einen fetten Geldbetrag auf ein Konto überwiesen. Im Gegenzug erhielten sie ein Kind.

Die Liste der Reichen und Prominenten, die schlank und rank mit einem süßen Neugeborenen auf dem Arm von den Titelseiten der Hochglanz-Magazine lächeln – meist in einem Alter, in dem die Natur keine Elternschaft mehr vorsieht, was der botoxgeglättete, silikonverstärkte und schönheitsoperierte Promi-Körper aber kaum verrät –, ist lang und wird immer länger. Vor allem in Hollywood ist es heute geradezu normal, ein Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen, wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein sollte (oder nicht in den Terminkalender passt), auf natürlichem Weg Vater oder Mutter zu werden. Im Fall von Cristiano Ronaldo, Elton John oder Ricky Martin lag das schlicht daran, dass ein einzelner Mann oder ein homosexuelles Paar biologisch nicht in der Lage ist, Kinder zu bekommen. Eine Adoption fand der Popsänger Ricky Martin aber viel zu zeitraubend, aufwändig und dann waren da noch die vielen gesetzlichen Auflagen. Kurz eine Eizelle shoppen und für neun Monate einen Bauch ausleihen ging bedeutend schneller – und das Kind würde so auch noch einen Teil der eigenen Gene bekommen.

Paris Hilton wiederum hat nach eigenem Bekunden Angst vor allem, was mit Geburt oder Tod zu tun hat. Und außerdem sei eine Geburt „so etwas Körperliches“. Da bezahlte sie doch lieber eine Geschlechtsgenossin dafür, dass sie diese Schwangerschaftsübelkeit, Dehnungsstreifen und all die anderen „körperlichen“ Begleiterscheinungen einer Schwangerschaft und Geburt auf sich nahm. Schließlich ist Paris’ Ziel, dass ihr Körper und Gesicht niemals altern dürfen, wofür sie sich für eine halbe Million Dollar die neuesten Regenerations- und Reparationsapparate gönnte. Und Kim Kardashian wurde nach der Geburt ihres zweiten Kindes aus medizinischen Gründen von einer weiteren Schwangerschaft abgeraten. Weil ihr und ihrem Mann, dem Rapper Kanye West, von dem sie unterdessen geschieden ist, zwei gesunde Kinder nicht reichten, mussten die nächsten zwei per Leihmutter produziert werden.

In Kalifornien läuft das wie am Schnürchen. Nachdem 1978 in England Louise Brown, das erste in einer Petrischale erzeugte Kind, geboren wurde, war es 1980 in Kalifornien Elizabeth Kane (ein Pseudonym), die als Erste ihr Kind für 10'000 Dollar an Bestelleltern verkaufte. Seither hat sich der „Golden State“ zu einem Eldorado der Reproduktionsmedizin entwickelt. Doch seit sich Elizabeth Kane mit dem Samen des Bestellvaters befruchten ließ, hat sich die Fortpflanzungsmedizin stark verändert und auch der Preis für ein Kind ist gestiegen, zumindest in den USA. Diese traditionelle Leihmutterschaft – „traditional surrogacy“ – wird kaum noch angewandt. Weil die Leihmutter ihre eigenen Eizellen fremdbesamen lässt, ist sie mit dem gezeugten Kind genetisch verwandt. Das möchte man unbedingt vermeiden, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Mutter das Kind behalten will. Heute ist die „gestational surrogacy“ üblich, was mit „Leihmutterschaft“ übersetzt wird, wörtlich aber eher „Ersatz-Trächtigkeit“ heißen müsste. Denn mit Mutterschaft hat das Austragen von Kindern für andere rein gar nichts zu tun, doch davon später mehr. Bei diesem Modell wird eine Eizelle (entweder von der Bestellmutter oder einer Spenderin) im Reagenzglas mit dem Samen eines Mannes vermischt.

Einige schwule Paare lassen ihre Samen auch gerne zu einem Cocktail mixen, damit beide Männer Anteil am Zeugungsprozess haben. Der so gezeugte Embryo wird dann einer Leihmutter eingepflanzt, die folglich mit dem Kind nicht genetisch verwandt ist.

Mutter? Vater? Oder dürfen es ein paar mehr sein?

Rätselten die alten Römer früher manchmal über den Erzeuger eines Kindes, waren sie sich der Mutterschaft immer sicher. Das lateinische Rechtssprechwort „Mater semper certa est“, bekräftigte, dass die Frau, die das Kind gebärt, immer die Mutter ist. Heute ist alles nicht mehr so klar. Denn bei der Leihmutterschaft muss ja jeglicher Mutterinstinkt unterdrückt werden, also wird streng darauf geachtet, die genetische, biologische, soziale (und rechtliche) Elternschaft voneinander zu trennen. Dadurch kann ein durch Leihmutterschaft erzeugtes Kind fünf oder mehr Elternteile haben: die biologische Mutter, die das Kind austrägt, die genetische Mutter, von der die Eizelle stammt, der genetische Vater, von dem der Samen stammt, sowie einen oder mehrere soziale Eltern, die in allen möglichen geschlechtlichen und sozialen Kombinationen auftreten können. Bei dieser ganzen Gemengelage ist es doch sehr tröstend, dass sich das Kind doch zumindest genetisch seiner Abstammung von einer Frau und einem Mann sicher sein kann, nicht wahr?

Leider ist auch das bereits Schnee von gestern. Im Frühsommer 2023 wurde nämlich im Land von Klon-Schaf Dolly, in Großbritannien, das erste Kind mit der DNA von drei Personen geboren. Weil die Mutter, die das Kind auch austrug, unter einer mitochondrialen Störung litt und so das Risiko bestand, dass sie diese Erbkrankheit an ihre Nachkommen weitergeben würde (denn Menschen erben sämtliche Mitochondrien von der Mutter), setzte man den Zellkern aus der Eizelle der Frau in eine gespendete Eizelle einer anderen Frau ein, aus der man zuvor den Zellkern entfernt hatte. Die neu geschaffene Zelle enthält somit den Zellkern der Mutter, jedoch die Mitochondrien der Spenderin. Allerdings ist diese sogenannte Mitochondrienspende, die in England seit 2015 erlaubt ist, nicht unumstritten. Denn manchmal werden trotzdem abnormale Mitochondrien auf die Spendeneizelle übertragen und vermehren sich dort. Wie und warum, weiß man nicht. Details über die mindestens dreißig Behandlungen, die seit 2018 im Vereinigten Königreich durchgeführt wurden, sind jedenfalls nicht zu erfahren.

Und eine genetische Abstammung von zwei Frauen und einem Mann ist noch längst nicht das Ende von dem, woran die Fortpflanzungsmedizin herumdoktert. Denn wäre es nicht toll, wenn Frauen keine Männer mehr bräuchten, um sich fortzupflanzen, und umgekehrt? Schon 2018 schafften es Forscher, junge Mäuse mit zwei Müttern (jedoch ohne Vater) zu züchten. Im März 2023 gelang dann auch der Durchbruch mit Mäusebabys, die zwei Väter und keine Mutter haben.

Doch kehren wir zurück zum Thema Leihmutterschaft, bevor wir uns zu sehr in den Abgründen der Frankenstein-Labore verlieren, die keinerlei ethische oder moralische Schranken kennen. Allerdings ist der Begriff Leihmutterschaft in jeder Hinsicht falsch. Von Ausleihen kann keine Rede sein, denn bei diesem Prozedere verdient immer jemand, selbst bei der sogenannten altruistischen Leihmutterschaft. Der Begriff „Mietmutter“ wäre zutreffender.