Ausverkauf der Natur: Bis zum letzten Tropfen

Die Finanzhaie dieser Welt schnappen nun auch noch nach dem letzten Gut: der Natur und damit der Erde selbst. Was bislang jedem Erdenbürger kraft seiner Geburt zur Verfügung stand, soll zukünftig wie ein Sack Mehl an der Börse gehandelt werden.

Zuerst geplündert, dann vollständig ausgepresst: Nun soll auch aus der Natur noch Kapital geschlagen werden.

Wie viel ist Ihnen saubere Luft wert? Wie viele Euros sind Sie bereit, für reines Wasser auszugeben? Wie viel Geld würden Sie monatlich oder jährlich für den majestätischen Anblick des Matterhorns, des Mount Everest oder des Fuji hinblättern? Was kostet die Bestäubungsleistung durch Bienen und andere Insekten und was ist der Preis für die Wärme der Sonne? – Vielleicht ist die Antwort für Sie sonnenklar: Diese Dinge sind unbezahlbar. Der Natur kann man kein Preisetikett anheften. Vielleicht überlegen Sie aber auch ganz nüchtern, was Ihnen diese Geschenke der Natur wert sind und ob sich diesem Wert eine Zahl zuordnen lässt. Heute ist vielen Menschen bewusst, dass die Natur unsere Hilfe braucht und wir nicht einfach weitermachen können wie bisher. Und viele sind auch bereit, dafür „Opfer“ zu bringen (allerdings sollen das dann alle anderen gefälligst auch, und wenn sie es nicht freiwillig tun, dann muss man sie eben dazu zwingen …). Das langsam wirkende Gift der Klimaprediger und Umweltapostel, das uns in den letzten paar Jahren in immer höherer Dosis eingeträufelt wird, tut bei vielen – wohlmeinenden – Menschen allmählich seine Wirkung. Bestrebungen wie der Green New Deal1 – welcher den ökologischen und sozialen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft (man könnte es auch „Ökodiktatur“ nennen) zum Ziel hat und beispielsweise der Atomenergie gerade ein fulminantes Comeback ermöglicht – propagieren die Idee, dass der Mensch die Natur nur dann schützen wird, wenn er dafür bezahlen muss. Und wenn es nach den Akteuren geht – wie Sie sehen werden, sind es die üblichen Verdächtigen –, wird das teuer.

Das Geschäft mit der Natur

Wer zwischen den Zeilen lesen kann, erkennt zum Beispiel im New Nature Economy Report II des World Economic Forum (WEF) von 2020 (Titel: The Future of Nature and Business), aus welcher Richtung der Wind weht: „Das Weltwirtschaftsforum als internationale Organisation für öffentlich-private Zusammenarbeit verpflichtet sich, öffentliche, private und zivilgesellschaftliche Akteure dabei zu unterstützen, ihre Beziehung zur Natur als Teil der Great Reset-Agenda auf eine Art und Weise neu zu gestalten, die positiv für die Natur, wertschöpfend und reich an Arbeitsplätzen sein wird.“

4‘000 Billionen US-Dollar sollen die neuen Anlageklassen – das heißt die Natur und ihre „Öko-Dienstleistungen“ – wert sein. Zum Vergleich: Der Wert aller bisherigen börsenkotierten Anlageklassen zusammen beträgt 512 Billionen US-Dollar.

4‘000 Billionen US-Dollar sollen die neuen Anlageklassen – das heißt die Natur und ihre „Öko-Dienstleistungen“ – wert sein. Zum Vergleich: Der Wert aller bisherigen börsenkotierten Anlageklassen zusammen beträgt 512 Billionen US-Dollar.

Vielsagend ist auch, was man auf der Webseite von Business for Nature lesen kann. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Non-Profit-Organisation, die von sich selbst sagt, sie sei „eine globale Koalition, die Wirtschafts- und Naturschutzorganisationen sowie zukunftsorientierte Unternehmen zusammenbringt. Gemeinsam demonstrieren wir eine glaubwürdige Führungsrolle der Wirtschaft in Bezug auf die Natur und verstärken die starke Stimme der Wirtschaft, die die Regierungen auffordert, jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um den Naturverlust in diesem Jahrzehnt zu stoppen“. Unter jenen, die sich hier vermeintlich für die Natur stark und die Behörden für diesbezügliche Versäumnisse verantwortlich machen, sind beispielsweise Bayer, Du Pont, BASF, Hoffman-La Roche, Google, Kellogg Company, Microsoft, Nestlé, PepsiCo, Philip Morris International, Syngenta, Unilever und Walmart, um nur ein paar bekannte Namen zu nennen. Die meisten dieser Unternehmen haben sich bislang nicht durch Rücksicht gegenüber Mensch und Umwelt hervorgetan …

Doch lesen wir weiter, worum es hier wirklich geht: Unternehmen seien großen Risiken ausgesetzt, wird da gejammert, und Umweltrisiken seien „die größten systemischen Risiken für unsere Weltwirtschaft“. Dann werden Zahlen genannt, wie teuer uns die Zerstörung der Natur kommt, denn „mehr als die Hälfte des weltweiten BIP – schätzungsweise 44 Billionen Dollar an wirtschaftlicher Wertschöpfung – ist mehr oder weniger stark von der Natur und ihren Leistungen abhängig“. Durch den beispiellosen Verlust der Natur sähen sich die Unternehmen „ernsthaften physischen, regulatorischen, Reputations- und Marktrisiken gegenüber“. Abgesehen davon, dass der Sturm die Fabrik abdecken könnte, fürchten sich die Firmen also vor neuen behördlichen Auflagen, um ihren Ruf und um die Tantiemen. Allerdings, so erfahren wir weiter, gibt es auch Chancen: „Während die Risiken für unsere globale Wirtschaft erschreckend sind, bietet die Natur auch reichlich Nutzen und Chancen. So erbringt die Natur zum Beispiel Leistungen im Wert von mindestens 125 Billionen Dollar pro Jahr auf der ganzen Welt.

In The Future of Nature and Business (Die Zukunft von Natur und Wirtschaft) hat das Weltwirtschaftsforum 15 systemische Übergänge mit jährlichen Geschäftsmöglichkeiten im Wert von 10 Billionen Dollar identifiziert, die bis 2030 395 Millionen Arbeitsplätze schaffen könnten und die zusammen den Weg zu einer für Mensch und Natur positiven Entwicklung ebnen können, die gegen künftige Schocks gewappnet ist. Wenn Unternehmen die Natur in ihre Strategie einbeziehen, profitieren sie von der langfristigen Tragfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle, von Kosteneinsparungen, der Steigerung der betrieblichen Effizienz, höheren Marktanteilen, vorhersehbaren und stabilen Lieferketten, besseren Beziehungen zu Interessengruppen und Kunden sowie dem Zugang zu neuen Märkten, Produkten und Dienstleistungen.“

Wer es schafft, sich nicht von all den schönen Worten und den Zahlenspielereien blenden zu lassen, dem wird schnell klar, dass es hier keineswegs um den Schutz der Natur geht oder darum, schädliche Praktiken in Zukunft zu vermeiden. Nein, es geht nur um das schnöde Geld.

Die Natur geht an die Börse

Die New Yorker Börse (NYSE) hat dieser alles anderen als „grünen“ Einstellung im September 2021 noch das Sahnehäubchen aufgesetzt. Sie gab bekannt, es sei nun eine neue Anlageklasse inklusive des zugehörigen Börsenzulassungsinstruments geschaffen worden, bei der es darum gehe, „die Vermögenswerte der Natur zu erhalten und wiederherzustellen“. Dieses neue Anlageinstrument nennt sich Natural Asset Company (NAC) und versteht sich als neue Form für nachhaltige Investitionen.

Quellenangaben