Die weltweite Vorherrschaft des US-Dollars gerät arg ins Wanken. Daran ändern die ums Erdöl geführten Kriege der USA ebenso wenig wie die vorsätzliche Destabilisierung des Mittleren Ostens. Neuerdings will man die Vereinigten Staaten von Amerika zur größten Steueroase für das Großkapital machen. Doch wahrscheinlich wird nicht einmal das internationale Drogengeschäft die Leitwährung retten können.
Was für ein Paukenschlag! Anfang April 2016 präsentierten über hundert Zeitungen, Fernsehstationen und Online-Medien in 76 Ländern gleichzeitig die sogenannten „Panama-Papiere“. Enthüllungen, die beweisen, wie die Reichen und Mächtigen der Welt dem Staat Abgaben in Milliardenhöhe vorenthalten. Von Steuerflucht bis Geldwäsche und anderen Straftaten war die Rede. Im Brennpunkt stand die in Panama ansässige Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, spezialisiert auf Briefkastenfirmen und dergleichen. Fast ein Jahr lang hatte ein Netzwerk von Journalisten die 11,5 Millionen gehackten Datensätze von über 300'000 Scheinfirmen und Trusts ausgewertet, bevor man an die Öffentlichkeit ging – die Originaldaten indes sind bis heute nicht publiziert.
Dass die Panama Papers in vielen Ländern eine Diskussion um Steuerschlupflöcher und Briefkastenfirmen ausgelöst haben, kann man nur begrüßen. Wer diese Enthüllungen nun aber als großen Sieg des unabhängigen Journalismus über die Machenschaften des großen Geldes feiert, wird ebenso manipuliert wie die Steuererklärungen besagter Delinquenten. Zu vieles an diesem angeblichen Kampf von David gegen Goliath macht bei näherer Betrachtung stutzig.
So hatte ein anonymer Whistleblower die Mossack Fonseca-Daten ausgerechnet der Süddeutschen Zeitung zugespielt, die dann zusammen mit anderen Medienhäusern wie der New York Times, der BBC oder Le Monde federführend bei deren Veröffentlichung war. Keines dieser Presseunternehmen gilt als sonderlich systemkritisch. Im Gegenteil. Warum also wendet sich jemand mit so brisanten Daten ausgerechnet an einen Leithammel der Massenmedien? Und wer ist dieser unbekannte Whistleblower überhaupt? Das können – aus offensichtlichen Gründen – nicht einmal die Journalisten der Süddeutschen Zeitung sagen.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass die CIA hinter dieser Operation steht“, sagte der US-Banker Bradley Birkenfeld in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNBC. Birkenfeld gilt als Experte zum Thema Schwarzgeld – er hatte als Whistleblower und ehemaliger Vermögensverwalter der Schweizer Großbank UBS den schlimmsten Schweizer Bankenskandal ausgelöst. Er wisse, so sagte Birkenfeld im Gespräch weiter, dass die US-Geheimdienste CIA und NSA über die technischen Mittel verfügen, sich problemlos solche Datensätze zu beschaffen. Ganz besonders in Panama. Das zentralamerikanische Land ist seit 1903 fest unter der Kontrolle der USA und wird lückenlos überwacht. Tatsächlich untersteht Panama der völligen Offenlegungspflicht gegenüber US-Regulierungsbehörden, auch deshalb, weil es bekanntermaßen der Offshore-Umschlagplatz für die mexikanischen und kolumbianischen Drogenschmuggler ist.
Pikantes Detail bezüglich der im Mittelpunkt des Skandals stehenden Firma Mossack Fonseca: Schon der Vater des Firmengründers Jürgen Mossack hatte der CIA seine Dienste angeboten, nachdem das ehemalige Mitglied der deutschen Waffen-SS 1948 nach Panama ausgewandert war.
Weshalb die USA nur profitieren, wenn dem kleinen Panama die Felle zahlloser Briefkastenfirmen davonschwimmen, werden wir gleich sehen. Zuvor aber wenden wir uns dem International Consortium of Investigating Journalists (ICIJ) zu, jener Gruppe scheinbar unabhängiger Journalisten, welche die Mossack Fonseca-Datenflut monatelang ausgewertet und kanalisiert hatten. Dieses Konsortium ist ein Ableger des Center for Public Integrity mit Sitz in Washington. Die gemeinnützige Organisation hat sich auf die Fahnen geschrieben, „Machtmissbrauch, Korruption und Pflichtversäumnis einflussreicher öffentlicher und privater Institutionen offenzulegen“. Das klingt hervorragend. Nur passen da die wichtigsten Geldgeber nicht so recht ins Bild. Zu ihnen gehören die Open Society Foundations von George Soros,1 verschiedene Rockefeller-Stiftungen, die Carnegie Foundation, die Ford Foundation und Fidelity Brokerage Services, der zweitgrößte Investmentfond der Welt. Nichtregierungsorganisationen und Vertreter der Hochfinanz also, welche in Wahrheit die nicht mehr ganz so geheime Agenda der globalen Schattenelite vorantreiben.
Der Börsenspekulant George Soros habe den Skandal um die Panama-Papiere finanziert, twitterte denn auch WikiLeaks. Das erklärt, weshalb ausgerechnet das Konterfei von Soros’ Erzfeind Wladimir Putin2 die Titelseiten vieler westlicher Zeitungen zierte, als die Panama Papers weltweit Schlagzeilen machten. Der starke Mann im Kreml habe bis zu zwei Milliarden Dollar illegal aus dem Land schleusen und mithilfe von Mossack Fonseca in Briefkastenfirmen deponieren lassen, lautete der Vorwurf. Belegen lässt sich das nicht. Putin taucht in den Dokumenten gar nicht auf, bloß einer seiner Jugendfreunde. Die zwei Milliarden sind ebenso aus der Luft gegriffen. Laut WikiLeaks ist „die Attacke gegen Putin vom US-Zentrum für Ermittlungen zu Korruption und organisierter Kriminalität (OCCRP) organisiert worden. Der Angriff richtet sich gegen Russland und die anderen Länder im postsowjetischen Raum. Sie wird von der US-Agentur für internationale Entwicklung USAID und von Soros gesponsert.“
Russland und China sind die beiden geostrategischen Rivalen der USA, die nicht zuletzt wegen der über Russland verhängten Sanktionen immer enger zusammenarbeiten. So sind sie beispielsweise Teil der BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), die eine mit 100 Milliarden Dollar ausgestattete Investitionsbank gegründet hatte – als Alternative zur Weltbank und dem Internationalen Währungsfond, die beide von angloamerikanischen Interessen dominiert werden. Dies und andere Schritte mehr gefährden die Vormachtstellung des US-Dollar als globale Reserve- und Handelswährung.
Ein weiteres prominentes Enthüllungsopfer der Panama-Papiere ist denn auch Chinas Präsident Xi Jinping. Sein Name fiel beim Stichwort Korruption fast ebenso oft wie jener von Putin. Islands Ministerpräsident Sigmundur Gunnlaugsson musste sogar zurücktreten, nachdem seine frühere Beteiligung an der Briefkastenfirma seiner Frau bekannt wurde. Ob verdient oder nicht, sei daran erinnert, dass Gunnlaugsson die isländische Bankenkrise zugunsten des Staates und zulasten der Finanzindustrie meisterte – was man weder von den amerikanischen noch den EU-Politikern sagen kann.
Kurz gesagt: Der Skandal um die Panama-Papiere stellte in erster Linie Persönlichkeiten bloß, die den Interessen der internationalen Hochfinanz und jenen der US-Regierung (was häufig dasselbe ist) im Weg stehen. Unter den 140 bekanntesten Namen befand sich denn auch kein einziger Amerikaner. Das ist nicht nur für den Bankeninsider Bradley Birkenfeld ein weiterer Hinweis, dass die CIA die ganze Affäre orchestriert hat.
Zumindest ein prominenter Amerikaner tauchte (mit Verspätung) doch noch im Datenleck der Panama Papers auf: Multimilliardär George Soros nahm ebenfalls mehrfach die Dienste von Mossack Fonseca in Anspruch, um Geld am Fiskus vorbeizuschleusen – ausgerechnet jener Mann, der den ganzen Skandal mitfinanzierte und als Philanthrop immer wieder öffentlich gefordert hatte, Reiche sollten mehr Steuern bezahlen müssen. – Was auch immer der Grund für Soros’ persönliches Datenleck sein mag, eine Ironie des Schicksals ist es allemal.
Es ist bekannt, dass die USA seit Jahren einen erbarmungslosen Krieg gegen undurchsichtige Steueroasen führen. Unter dem Druck der USA brachte die OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) seit 2014 fast einhundert Länder dazu, Bankkonten und Trusts mit einer internationalen Klientel offenzulegen. Selbst vormals mächtige Finanzplätze wie die Schweiz haben die Waffen gestreckt und das Bankgeheimnis mit diesem automatischen Datenaustausch von Finanzinformationen faktisch aufgegeben. Daran wäre ja auch gar nichts auszusetzen, wenn die neue Transparenz für alle Beteiligten gelten würde. Panama zierte sich anfänglich – und die Panama Papers haben gezeigt, wie die USA mit einem widerspenstigen Konkurrenten verfahren. – Konkurrent? – In der Tat, denn nur vier Staaten haben das erwähnte Abkommen über die Common Reporting Standards nicht unterzeichnet: Bahrain (ein arabisches Inselreich, kleiner als die Stadt Hamburg), Nauru (eine winzige Pazifikinsel, auf der 10'000 Menschen leben), Vanuatu (eine Inselgruppe im Südpazifik mit einer Viertelmillion Bevölkerung) und – die Vereinigten Staaten von Amerika.
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