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Polen hat Energydrinks für Minderjährige verboten

David Seiler | 5. Juni 2024

Seit dem 1. Januar 2024 dürfen in Polen keine Energydrinks mehr an Personen unter 18 Jahren verkauft werden. Damit will die Regierung die Jugendlichen davor schützen, zu viel der extrem zucker- und koffeinhaltigen Getränke zu konsumieren. 

Polen verbietet Energydrinks für Minderjährige

Neben dem Verkaufsverbot hat Polen auch die Werbung für Energydrinks untersagt. Wie das AussenwirtschaftsCenter Warschau nun mitteilt, sind die Umsätze der Energydrinks je nach Marke seit Januar 2024 um bis zu 23 Prozent zurückgegangen. Die Hersteller sind nun gezwungen, neue Produkte zu entwickeln, die weniger als 150 mg Koffein pro Liter beinhalten. Doch auch wenn diese neuen Ersatzprodukte ohne Koffein und Taurin auskommen, so stellen sie dennoch keine gesunde Alternative dar. Denn diese "Slim-" oder "Zero-Energydrinks" strotzen nur so vor Zucker und ungesunden Süßungsmitteln.

Grund für die drastische Maßnahme Polens (Lettland und Litauen kennen ähnliche Regelungen) ist, dass Energydrinks bei Kindern und Jugendlichen immer beliebter werden (auch aufgrund von gezieltem Marketing durch Social-Media-Influencer). So sollen gemäß Umfragen etwa zwei Drittel der polnischen Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 19 Jahren regelmäßig Energydrinks konsumieren. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sollen Kinder täglich nicht mehr als 3 Milligramm Koffein Körpergewicht zu sich nehmen. Für ein Kind mit 50 Kilo Körpergewicht bedeuten dies eine Tagesportion von maximal 150 Milligramm Koffein. Die Problematik dabei ist, dass ein großer Energydrink mit 500 ml oder zwei kleinere Dosen à je 250 Millilitern diese Menge bereits überschreiten. Laut EFSA trinkt jeder vierte Jugendliche drei oder mehr Dosen auf einmal und überschreitet damit selbst die für Erwachsene maximal empfohlene Koffein-Dosis von 200 Milligramm.

Ein übermäßiger Konsum dieser aufputschenden Getränke kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Die Medizin bringt bislang Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Angstzustände, Gereiztheit sowie andere psychische Risiken mit Energydrinks in Verbindung. Zudem wurde festgestellt, dass die Fließgeschwindigkeit des Blutes in der größten der drei Hirnarterien (gemessen mittels Ultraschall) um rund zehn Prozent geringer ist als nach dem Konsum von Wasser. In einer Folgeuntersuchung mussten die Probanden Kopfrechnen – 80 Minuten nach dem Konsum von entweder Wasser oder Energydrinks. Dabei zeigte sich, dass die Studenten der Energydrink-Gruppe nicht besser kopfrechneten als diejenigen, die nur Wasser tranken. Daher empfiehlt sich eine kritische Hinterfragung des Konsums von Energygetränken während einer geistigen Belastung. Oder anders gesagt: Energydrinks machen uns eben doch nicht mental leistungsfähiger.

Professor Artur Mazur, Vizepräsident der polnischen Gesellschaft für Pädiatrie, schrieb 2023 in der Fachzeitschrift The Lancet, dass er in seiner Abteilung immer mehr Kinder mit Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Dehydrierung und sogar Symptomen einer Depression behandelt, die allesamt mit Energydrinks zusammenhängen.1 Die polnische Ernährungswissenschaftlerin Justyna Marszałkowska warnt ihrerseits: "Bis zum 25./30. Lebensjahr entwickelt sich das Gehirn am intensivsten. Wenn man das Hirn in dieser Zeit mit Koffein, großen Mengen Zucker oder Taurin überschüttet, kann es zu irreparablen Schäden führen." Die Sorgen der polnischen Regierung bezüglich der Gesundheit der Jugend sind also nicht unbegründet. 

Deutsche Verbraucherorganisationen begrüßen den Entscheid Polens und fordern entsprechende Gesetze auch für Deutschland. So schrieb Foodwatch: "Polen nimmt die eindringlichen Warnungen der Wissenschaft ernst und macht das einzig Richtige: Energydrinks gibt es erst ab 18. In Deutschland hingegen dürfen die gefährlichen Wachmacher weiter uneingeschränkt an Kinder und Jugendliche verkauft werden." Foodwatch hat den Bundesernährungsminister aufgefordert, einen Verkaufsstopp an Minderjährige in Deutschland ebenfalls umzusetzen. Neben unzähligen Verbraucherorganisationen sprechen sich auch die Gesellschaft der Europäischen Kinderkardiologen sowie Experten der Weltgesundheitsorganisation für die Einführung einer Altersgrenze aus.

1.

Poland bans energy drinks for under 18s; DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)00322-7

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