Lebenstrank: Der sprudelnde Lebensquell von Mutter Natur

Sie sind zwar keine Zaubertränke, die aus uns unbesiegbare Gallier machen – doch frisch angesetzte Gärgetränke sind tatsächlich ein „Lebenselixier“, wie sie bereits in jahrtausendealten heiligen Schriften gepriesen werden. Die moderne Wissenschaft hat nun die entsprechenden Erkenntnisse dazu geliefert. Insbesondere ein Gärgetränk hat die Kraft, als wohlschmeckende Frischzellenkur für Körper und Geist zu wirken.

Vergorene Säfte wie der ‚Trank des Lebens’ schmecken köstlich und sind gesünder als Obst oder Gemüse.

Vergorene Säfte wie der ‚Lebenstrank’ (ehemals: Wellness-Trank) schmecken köstlich und sind gesünder als Obst oder Gemüse.

Heute wissen wir gar nicht mehr, was Milch eigentlich ist. Jene weiße Flüssigkeit, die wir abgepackt im Supermarkt kaufen und die gekühlt tage- und sogar wochenlang haltbar ist, hat nur mehr wenig damit zu tun. Mit Pasteurisierung (Erhitzen) und Homogenisierung (Druck) wurden im Namen der Hygiene und Haltbarkeit fast alle Keime und Bakterien darin eliminiert. Wenn die Milch dann trotzdem „kippt“ und zu stinken beginnt, würde niemand dieses flockige Gesöff noch freiwillig herunterwürgen.

Früher indes, vor dem Siegeszug des Kühlschranks, verwandelte sich die frische Rohmilch innerhalb weniger Stunden in lecker schmeckende Sauermilch, die einige Tage haltbar und sehr leicht verdaulich war.

Auch Joghurt soll bekanntlich gesund sein, denn er ist ebenfalls das Produkt fermentierter Milch. Andererseits warnen viele Heilpraktiker vor Milchprodukten, weil sie den Körper belasten und ihn innerlich verschleimen würden. Was stimmt den nun?

Was uns heute als Joghurt, Kefir, Milch oder Käse vorgesetzt wird, ist in den meisten Fällen mehr Verpackung als Inhalt. Der Joghurt sieht zwar noch wie Joghurt aus und schmeckt auch so, doch zu bieten hat er uns nicht mehr viel, wurden ihm doch lebende Bakterien zum größten Teil ausgetrieben.

Haltbarkeit oder Vitalkraft?

In einem zentralisierten und globalisierten Nahrungsmittelmarkt mit Großverteilern und Supermarktketten ist die möglichst lange Haltbarkeit von Lebensmitteln von großem wirtschaftlichen Interesse. Die bulgarische Ernährungswissenschaftlerin M. Marinova warnt jedoch: „Alle Joghurts, die länger als vierzehn Tage haltbar sind, haben nicht die Kraft, lebensverlängernd zu wirken.“ Unser Supermarkt-Joghurt enthält kaum noch Milchsäurebakterien. Man lässt ihm nicht mehr die Zeit, natürlich zu reifen. Die meisten Molkereien mischen ihren Produkten Milchsäurekulturen bei, die extern auf speziellen Nährlösungen vermehrt wurden. Das kürzt zwar die Produktionszeit massiv ab, verhindert aber auch die Bildung von Vitalstoffen und gesunden organischen Säuren, wie sie beim natürlichen Gärprozess entstehen würden. Außerdem rechnen die Molkereien von der Produktion bis zum Konsum mit einer Einbuße an lebenden Mikroorganismen von etwa 99 Prozent.

Die Bauern Bulgariens stellen hingegen noch Joghurt her, der vor Lebenskraft strotzt: „Erst einmal wird die Milch von Schafen, Kühen oder Ziegen verwendet, die noch draußen weiden dürfen. Dann“, so Marinova weiter, „wird die Milch kurz erhitzt und in Tonkrüge gegeben. Es kommt etwas frischer Joghurt dazu. Diese Tonkrüge werden liebevoll mit Schafsfell umhüllt und die Mikroorganismen können so wohlbehütet ihre Arbeit verrichten. Dieser Joghurt ist wirklich gesund. Mit Honig vermischt ergibt sich ein hervorragendes Stärkungsmittel.“

Dieses Versprechen – obwohl in der Werbung vollmundig angepriesen – können die überteuerten Spezialjoghurts der Nahrungsmittelindustrie mit ihren Laktobazillen- und Bifidus-Stämmen nicht einlösen. Woher auch? Sie wurden lange haltbar gemacht und damit in ihrer Lebendigkeit kastriert. Dasselbe gilt in geringerem Maß auch für Vitalgetränke aus dem Verkaufsregal, selbst wenn diese durch Gärung produziert wurden: Sie alle müssen pasteurisiert werden.

Bei der Hefegärung finden wir dieselbe Trostlosigkeit. Früher war Sauerteigbrot tatsächlich noch gesund. Damals hat man auch noch lebende Hefekulturen verwendet. Heute wird hingegen zu Kunstsauer statt Sauerteig gegriffen. Dann sind nur noch zwei Stunden Teigführung nötig statt ein ganzer Tag. Mit den Worten des Lebensmittelchemikers Udo Pollmer ist Kunstsauer indes nichts weiter als „eine eigenwillige Mixtur von Feinchemikalien, die es erlaubt, ohne lebendige Sauerteigbakterien eine Masse zu fabrizieren, die Laien für Brot halten“. Im solcherart hergestellten Brotteig werden weder Vitalstoffe noch gesunde organische Säuren gebildet. Es fehlt ihm an Leben.

Ebenso wie dem Bier. Frisch gebraut getrunken, war es einst das Hauptnahrungsmittel der arbeitenden Klasse. Heute beschert uns das korngelbe Gebräu bloß noch einen beschwipsten Kopf und mit der Zeit eine aufgebläht dicke Wampe. Denn heute ist das Bier monatelang lager-bar und meist auch filtriert, sprich, der Bodensatz – das Wertvollste am Bier – wurde daraus entfernt.

Bierschlamm als Medizin

Schon die Babylonier und Sumerer brauten für ihr Leben gern Bier. Im Papyrus Eber, einem sechstausend Jahre alten Lehrbuch der Ägypter, wird der „Schlamm des Bieres“ als inneres Mittel gegen Hauterkrankungen, bei Geschwüren an den Beinen und bei Darmbeschwerden gepriesen. Heilsalben vermischte man häufig mit vergorenem Honig, und die Hieroglyphen für Brot und Bier bildeten zusammen das Schriftzeichen für das Wort Mahlzeit.

Ärzte wie Hippokrates oder Paracelsus verwendeten Bierhefe häufig als Medizin, wobei sie nicht die getrocknete Hefe nahmen, sondern wiederum den frischen Bodensatz des Bieres. Auch die Klosterärztin Hildegard von Bingen setzte diese lebende Bierhefe erfolgreich bei der Behandlung diverser Hautkrankheiten ein.

Dass insbesondere Verdauungsbeschwerden, Allergien und Hautprobleme über das Immunsystem der Schleimhäute mit dem Verdauungstrakt verbunden sind, haben wir im vorangegangenen Artikel betrachtet. Mit der Verabreichung von lebendiger Bierhefe machten diese Größen der Medizingeschichte nichts anderes, als den Darm ihrer Patienten zu stärken.

Wein und Essig sind ebenfalls vergorene Getränke. Sie werden besonders wertvoll, wenn sie jahrelang in Holzfässern reifen können. Dann entstehen durch den Gärprozess Polyphenole und weitere sekundäre Pflanzenwirkstoffe, die enorm wichtig für unsere Gesundheit sind. So ist nicht weiter verwunderlich, dass Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert viele ihrer Arzneien in warmem Wein gelöst verabreichen ließ. 400 Jahre später wies Paracelsus in seinen Schriften immer wieder darauf hin, wie wichtig die Vergärung für die Heilwirkung eines Mittels sei, denn in ihr kommt das Wunder der Alchimie zum Tragen: die Veredelung der ursprünglichen Rohstoffe.

Vergorene Lebensmittel weisen gegenüber herkömmlicher Nahrung diese Vorteile auf:

  • durch die Gärung sind sie quasi vorverdaut und damit bekömmlicher;
  • die enthaltenen Vitamine, Mineralien und Aminosäuren können vom Körper leichter aufgenommen werden;
  • der Vitamingehalt nimmt zu oder bleibt deutlich länger erhalten;
  • sie bleiben länger frisch und sind besser vor Fäulniserregern und Schimmelpilzen geschützt;
  • die durch Gärung entstehenden organischen Säuren unterstützen das Gleichgewicht der Darmflora und wirken dort basisch.

Das Geheimnis gesunder Fermentation (Vergärung) liegt in der Arbeit von Milliarden winzigster Kleinstlebewesen: Diese Mikroben sind indes keine Krankheitserreger, sondern wahre Gesundheitserreger. Ihr segensreiches Wirken entfalten die Mikroorganismen über die Milchsäuregärung und die Hefegärung.

Milchsäure gegen Stress und Krebs

Bakterien wie Bifidus longum oder Lactobacillus acidophilus wandeln Zucker in gesunde rechtsdrehende Milchsäure um. Wenn sie im Organismus in zu geringer Zahl vorhanden sind und der Zucker nicht ausreichend abgebaut werden kann, wird dieser stattdessen in den Zellen vergärt, wobei große Mengen an schädlicher linksdrehender Milchsäure anfallen. Dies führt zu einer Übersäuerung des Gewebes. Letztlich kann aus dieser Stoffwechselentgleisung sogar Krebs entstehen.

Aus diesem Grund hat die Wissenschaft festgestellt, dass Milchsäurebakterien dem Krebsgeschehen entgegenwirken, ebenso wie milchsauer vergorene Lebensmittel, welche diese Bakterien und viel gesunde Milchsäure enthalten. Rechtsdrehende Milchsäure ist nämlich in der Lage, „die linksdrehende Milchsäure im Tumor zu neutralisieren und inaktivieren“, schreibt der bekannte Krebsarzt Dr. Zabel. Das wurde schon vor Jahrzehnten im Tierversuch nachgewiesen und anhand epidemiologischer Studien bestätigt. Dank dieser Erkenntnisse lassen sich drei wichtige Grundregeln zur Prävention und Therapie von Krebs ableiten:

  • Zucker und Kohlenhydrate weitgehend meiden.
  • Reichlich fermentierte Lebensmittel mit rechtsdrehender Milchsäure einnehmen.
  • Körperlichen und seelischen Stress vermeiden (weil Stress die schädliche linksdrehende Milchsäure erzeugt).

Milchsäurebakterien können aber noch weit mehr: Sie bewahren unser Erbgut vor genetischen Defekten und verhindern die Bildung krebserregender Substanzen im Darm (dazu kann es beispielsweise durch zu hohen Nitratgehalt im Trinkwasser oder in Gemüse und Salaten kommen). Diese Bakterien sind zudem ein äußerst wichtiger Bestandteil unserer Darmflora. Sie stärken das Immunsystem und schützen den Körper vor vielen Krankheitskeimen. Probiotische (= lebensfördernde) Mikroorganismen, so kommt ein Gesundheitsökonom der Universität Bayreuth nach einer Kosten-Nutzen-Analyse zum Schluss, könnten die Therapiekosten bei Infektionskrankheiten um 63,7 Prozent verringern. Allein dies würde dem Gesundheitswesen Einsparungen in Milliardenhöhe bringen.

Naturhefe, ein Bodyguard mit ungeahnten Fähigkeiten

Neben der Milchsäuregärung kennt die Natur die ebenso wichtige Hefegärung. Der für den Menschen lebenswichtige Hefestamm heißt Saccharomyces. Die Hefepilze leben vom Zucker, den sie in geringe Mengen Alkohol umwandeln und dabei essentielle Aminosäuren, Enzyme und Vitamine aufbauen, vor allem Vitamin-B. Das wirkt sich besonders positiv auf die Haut aus. Lebende Hefen besitzen die Fähigkeit, für das Immunsystem wichtige Spurenelemente wie Selen, Zink, Chrom und viele andere organisch zu binden. In dieser hefegebundenen Form kann sie der Körper deutlich besser verwerten. Deshalb sind Saccharomyces-Hefen wahre Zauberkünstler, die den Organismus mit Kraftpaketen voller Vitalstoffe versorgen.

Professor Emil Abderhalden, ein Pionier der Hefeforschung, sprach den Wirkstoffen der Hefe sogar die Rolle eines „pflanzlichen Insulins“ zu, weil sie in der Lage sind, den Blutzuckerspiegel zu harmonisieren.

Biochemiker fanden in Gärgetränken mit lebender Naturhefe zudem hochwirksame Zellschutzsubstanzen, darunter Glutathion. Das ist bedeutsam, denn Saccharomyces verfügen über ein großes Entgiftungspotential. Dank den Hefezellen werden Darmgifte und pathogene Keime gebunden und mit dem Stuhl ausgeschieden. Sie können sogar Schwermetall ausleiten! Gleichzeitig erzeugen die Hefen Toxine, welche Kolibakterien und eine Reihe anderer Krankheitserreger gezielt eliminieren.

Darüber hinaus fördern diese bestimmten Hefepilze das Wachstum der für den Darm so wichtigen probiotischen Milchsäurebakterien.

Hefen gegen Verpilzung

Deshalb kann eine Darmsanierung auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn man dem Körper sowohl lebende Milchsäurebakterien als auch lebende Hefekulturen zuführt. Ganz besonders, will man der um sich greifenden Verseuchung durch Candida albicans Herr werden. Immer mehr Menschen sind krankhaft verpilzt. Ursache ist der schädliche Candida-Pilz, der im Darm einen Bund mit anderen giftigen Schimmelpilzen eingeht und die gesunde Darmflora zerstört. So entstehen toxische Stoffwechselprodukte, die den Organismus bis zu dem Grad schwächen, dass sich der Pilz mit der Zeit im ganzen Körper ausbreiten kann (Nagel-, Haut-, Scheiden-, Blutpilz).

Die grassierende Candida-Verpilzung ist heute jedoch fast immer die Folge einer hohen Schwermetallbelastung. Wie die Naturhefe ist nämlich auch Candida albicans in der Lage, Schwermetalle zu binden. Wenn lebende Hefezellen fehlen, lässt der Körper als Notlösung die Ausbreitung von Candida zu, um den Schaden durch toxisches Schwermetall möglichst einzudämmen. Bloß wird damit der Bock zum Gärtner gemacht. Denn wo die Saccharomyces-Hefe in ihrem Stoffwechsel kostbare Vitalstoffe erzeugt, setzt der Candida-Pilz Gifte frei.

Ebendiese Hefe ist der natürliche Gegenspieler zu den Candida-Pilzen, der ihnen nicht nur die Nahrung streitig macht, sondern sie auch gleichsam beim Schopfe packt und aus der Wohnung wirft. Deshalb kann man den Verdauungstrakt nur dauerhaft sanieren, wenn man wieder eine gesunde Ökologie zwischen Milchsäurebakterien und Naturhefe herstellt. Optimal wirksame Probiotika sollten also beide Kulturen in lebender Form enthalten!