In unserer Hochleistungsgesellschaft ist sie absolut verpönt. Dabei ist Langeweile der Schlüssel zu innerer Balance und Kreativität. Für Kinder ist sie Auslöser für die Entwicklung grundlegender Lebenskompetenzen.
Kaum macht sich ein Hauch von Langeweile bemerkbar, so zücken die meisten Erwachsenen sofort ihr Smartphone. Weil wir gelernt haben, dass wir bei Langeweile einfach nur auf einen Bildschirm schauen müssen, und schon vergeht die Zeit wie im Fluge. Der psychologische Fachbegriff dafür lautet „Konditionierung“. Wie der Hund gelernt hat, beim Pfiff zurückzukommen, so haben auch wir verinnerlicht, wenn uns langweilig wird (Signal), das Smartphone hervorzuholen (Reaktion). Und Kinder stehen dahingehend Erwachsenen in nichts nach. Langeweile ist für viele Menschen, egal ob jung oder alt, etwas sehr Negatives, das es unbedingt zu vermeiden gilt. Sie wird als Zeichen für wenig Freude, Antriebslosigkeit oder als Mangel an sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten fehlinterpretiert. Kurzum: Sie ist kein erstrebenswerter Zustand in unserer leistungsorientierten Gesellschaft. Was vollkommen verkehrt ist! Denn immer mehr Wissenschaftler verleihen ihr das Prädikat „besonders wertvoll“.
… ist ein geliebtes Kind! Obwohl viele Eltern ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sich ihr Kind einmal langweilt. Schließlich darf es dem Nachwuchs an nichts mangeln – und schon gar nicht an Beschäftigung. Doch weit gefehlt. Es ist mittlerweile bekannt, dass Langeweile eine der wichtigsten Triebfedern der kindlichen Entwicklung ist – und durchaus auch für Erwachsene als erstrebenswert gilt. Das Geheimnis der Langeweile liegt denn auch darin, sie bewusst zuzulassen. Etwas, was vielen Kindern (und auch Erwachsenen) schwerfällt, verspüren sie doch eine störende innere Unruhe, wenn sie sich langweilen. Ein Frust, der als erste Reaktion in Form von Nörgelei und Quengelei abgebaut werden muss.
Während Kinder sich aber in diesem unangenehmen Zustand befinden, versuchen sie immer eine Balance zu finden zwischen dem Konsum von externen Reizen und der eigenen inneren Kreativität. Dabei spielt sich immer folgende (unbewusste) Fragestellung ab: Können sie diesen unangenehmen Seinszustand durch eine Bespaßung von „außen“ lösen, indem sie zum Beispiel zum Smartphone greifen, an den Fernseher oder Computer gehen – oder müssen sie sich von „innen“ heraus eine Beschäftigung auftun, also kreativ werden? Der Mensch kann auf jeden der beiden Lösungswege konditioniert werden – mit unterschiedlichen Folgen. Daher ist Langeweile auch der Schlüssel zur inneren Balance, egal in welchem Alter.
Wenn wir Langeweile bewusst annehmen, so schaffen wir einen Raum, in dem wir uns spüren, uns selbst kennenlernen, uns selbst ausdrücken und die Erfahrung von Selbstverwirklichung machen können. Was sich auf den ersten Blick wie eine unangenehme Leere oder Stille anfühlt, kann inneren Frieden erzeugen und zur emotionalen Aufladestation werden. Eltern sollten einem gelangweilten Kind also nicht sofort eine neue Idee anbieten, sondern es seine Langeweile selbstständig überwinden lassen. Erhält es diesen Freiraum, so ist es gezwungen, selbst eine Beschäftigungsidee zu entwickeln. Und wird sich so bereits nach wenigen Minuten in eine neue Sache vertiefen und aus vermeintlich „Nichts“ ein neues Spiel erfunden haben. Zögern Sie also nicht, Ihre Kinder sich langweilen zu lassen. Höchstwahrscheinlich wird der Nachwuchs nicht einfach still dasitzen und die Wand anstarren – denn das wäre wirklich öde! Hingegen wird ein Kind, das immer wieder von seiner Umwelt „bespaßt“ wird, sobald es aus Langeweile quengelt, dieses Reaktionsmuster verinnerlichen. Was zur Folge hat, dass solch ein Mensch auch im Erwachsenenalter nichts mit sich selber anzufangen weiß.
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