Lichttherapie: Der Schatz am Ende des Regenbogens

Rotes und nahinfrarotes Licht ist ein Quell für Gesundheit und Wohlbefinden. Es verbessert die Mikrozirkulation, stärkt die Zellkraftwerke, dämpft Entzündungsprozesse und optimiert den Stoffwechsel. Und das Beste: Man kann sich ein solches „Lichtbad“ für den Eigengebrauch mit einfachsten Mitteln selbst bauen.

Das Infrarot an einem der beiden Enden des sichtbaren Lichtspektrums schenkt manch einen Heilimpuls des Sonnenlichts.

Der Beginn der Menschwerdung wird häufig mit dem Beherrschen des Feuers gleichgesetzt. Seit unsere Vorfahren gelernt haben, Feuer zu entfachen und zu bewahren, steht der Menschheit eine Urkraft zur Verfügung, die als eine der wichtigsten Kulturleistungen unsere weitere Entwicklung begleitet hat. Feuer war schon immer der Inbegriff für Überleben und Fortschritt. Die Kontrolle über das Feuer ermöglichte es, uns warmzuhalten, Nahrung zu kochen und Raubtiere abzuwehren. Es wurde zum Mittelpunkt des Beisammenseins und einer Stätte, an der man sich Geschichten erzählte und Pläne schmiedete. In dieser Hinsicht symbolisiert Feuer nicht nur lebenserhaltende Kraft, sondern auch Gemeinschaft und Kultur. Feuer repräsentierte auch die kleine Sonne, die unseren Vorfahren half, sich aus der von der Natur diktierten Dunkelheit zu befreien und ihre Aktivitäten bis in die Nacht hinein auszudehnen. Auch kann man sich sehr gut vorstellen, wie so manches schmerzende Gelenk und so mancher verspannte Rücken in der Wärmestrahlung eines Höhlenfeuers oder einer Schwitzhütte Linderung und Entspannung erfahren durften.

Sowohl Sonnenlicht als auch Feuerschein begleiten die Menschheit schon so lange, dass unser Organismus bestens an diese beiden natürlichen Lichtquellen angepasst ist. Sonnenlicht und Feuer sind Strahlungsquellen, deren Licht aus Wärme heraus entsteht – die beiden Komponenten sind hier untrennbar miteinander verbunden. Während das Licht primär über die Augen wahrgenommen wird, ist unsere Haut mit Wärmesensoren übersät, die zum Beispiel eine zentrale Rolle bei der optimalen Dosierung warmen (thermischen) Lichts übernehmen, indem sie uns signalisieren, ob wir zu nah an einem Feuer sitzen oder uns zu lange in der Sonne aufgehalten haben.

Gerade in der dunklen Jahreszeit steht uns jedoch das lebensspendende Sonnenlicht nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Daher sind die weithin verfügbaren Wärme-Lichtquellen ein willkommener Ersatz, um den Organismus mit einem natürlichen Strahlungsspektrum zu stimulieren und die Haut so zu trainieren, dass sie ihre lichtregulierenden Fähigkeiten auch in den Wintermonaten beibehalten und ihren positiven Einfluss auf das Vegetativum1 weiterhin voll ausspielen kann.

Hierzu eignet sich vor allem Rotlicht und Nahinfrarotlicht. Es trägt nicht nur zu einem besseren Körpergefühl bei, sondern kann bei richtiger Anwendung auch Alterungsvorgänge verlangsamen, die Durchblutung und den Stoffwechsel anregen und sogar die Heilung chronischer Krankheiten unterstützen.

Glühlampen, das elektrische „Feuer“

Rotlicht- und Wärmetherapie gibt es seit Menschengedenken. Künstliche Wärme- und Lichtquellen stehen erst seit der Elektrifizierung zur Verfügung, also seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, während Lagerfeuer, Schwitzhütten und Saunas die Menschheit schon lange begleiten. Die „Lichttechnik“ beschränkte sich damals aufs Feuermachen mittels verschiedener brennbarer Stoffe wie Holz, Baumharzen, Bienenwachs oder Ölen und Fetten. Beim Sonnenlicht bestanden die „Anwendungstechniken“ hauptsächlich aus Dosierungsregeln, die in erster Linie der Vermeidung von Schäden dienten und zumeist über kultische Rituale und religiöse Vorschriften weitergegeben wurden.

Erste Versuche, das Sonnenlicht auch durch technische Hilfsmittel verträglicher zu machen, finden sich etwa in Form des Heilund Curirspiegels von Andreas Gärtner (1654–1727), der als der „Sächsische Archimedes“ bezeichnet wurde. Dieser Hohlspiegel war aus Holz, Gips und Blattgold gefertigt und diente dazu, Sonnenlicht zu reflektieren und auf bestimmte Körperzonen zu konzentrieren, um damit zum Beispiel Gelenkschmerzen, Arthritis und Gichtsymptome zu behandeln. Wäre dazu ein normaler Metallspiegel benutzt worden, hätte das konzentrierte Sonnenlicht innerhalb kürzester Zeit zu einer Verbrennung der bestrahlten Hautoberfläche geführt – sowohl durch den Infrarot- als auch den Ultraviolett-Anteil. Die Blattgoldbeschichtung filterte und modulierte das Sonnenlicht jedoch so, dass man sich stundenlang mit diesem vergoldeten Heilspiegel behandeln konnte, ohne dabei eine Hautverbrennung oder einen heftigen Sonnenbrand zu riskieren.

Durch die Entdeckung der Elektrizität war es erstmals möglich, Licht und Wärme gleichzeitig zu erzeugen, ohne dabei ein Feuer zu entzünden. Innerhalb weniger Jahrzehnte hatte man zahlreiche elektrisch betriebene Lichtquellen entwickelt, von denen sich einige als wirksamer Ersatz für das Sonnenlicht eigneten. War die Kohlebogenlampe noch eine Lichtquelle, die offen brannte und damit auch Sauerstoff aus der Raumluft verbrauchte, stand mit der Glühlampe, die Thomas Alva Edison (1847–1931) im Jahr 1879 der Weltöffentlichkeit vorstellte, zum ersten Mal eine absolut saubere Kunstlichtquelle zur Verfügung. Obwohl die Lichtausbeute zunächst noch gering war, konnte diese Lampe bereits für medizinische Zwecke eingesetzt werden. Anfänglich wurde das elektrische Glühlicht für Diagnosezwecke verwendet, um den Körper zu durchleuchten. Dabei entdeckten die Ärzte, dass sich in manchen Fällen die Beschwerden der Patienten besserten, obwohl außer der elektrischen Durchleuchtung keine weiteren Maßnahmen ergriffen worden waren.

Das kurzwellige Ultraviolett und das langwellige Infrarot begrenzen unseren Sehbereich. Beides nutzt man seit vielen Jahrzehnten als therapeutische Leuchtmittel (z. B. links als Höhensonne oder rechts als Infrarotwärmelampe).

Kelloggs Lichtbäder für die Massen

Die umfangreichsten Erkenntnisse zu der therapeutischen Wirkung von Glühlampenlicht verdanken wir dem amerikanischen Kurarzt, Diätetiker und Erfinder von Erdnussbutter und Cornflakes, Dr. John Harvey Kellogg (1852–1943). Er unterschied sehr früh zwischen „dunkler Wärmestrahlung“ und den „leuchtenden Wärmestrahlen“, wie sie von Glühlampen erzeugt werden, und erkannte deren therapeutischen Nutzen. Kellogg konstruierte das erste elektrische Lichtbad, welches er 1891 zum Patent anmeldete. Das war eine mit Glühlampen bestückte Kabine, in die man sich nackt hineinsetzte, wobei nur der Kopf herausragte.

Im Jahr 1910 veröffentlichte Kellogg dann ein umfassendes Lehrbuch zur Lichttherapie mit dem Titel Light Therapeutics, das 1927 in einer zweiten Auflage erschien und auch heute noch hochaktuell ist, wenn man die komplexen Zusammenhänge der Lichtwirkungen auf den Menschen besser verstehen will. In diesem Lehrbuch fasste Kellogg nicht nur seine Erfahrungen mit der Lichttherapie zusammen, die er über mehrere Jahrzehnte in seiner Kurklinik Battle Creek Sanitarium hatte sammeln können, sondern er stellte auch grundlegende Prinzipien der Anwendung verschiedenster therapeutischer Lichtbehandlungen vor.

1893 präsentierte Kellogg seine Lichtbäder auf der Weltausstellung in Chicago und erregte damit auch die Aufmerksamkeit eines Besuchers aus Deutschland: Der Chemiker Dr. Willibald Gebhardt (1861–1921) war vom elektrischen Lichtbad fasziniert und schnell von seinen positiven Wirkungen überzeugt. Im Gegensatz zu der dunklen (nicht sichtbaren) Wärmestrahlung, die bei den damals gängigen Schwitzkästen eingesetzt wurde, riefen die leuchtenden Wärmestrahlen des elektrischen Lichtbades eine sanftere Erwärmung des Körpers hervor und führten trotzdem zu einer stärkeren Anregung des Stoffwechsels und zu einem schnelleren und ergiebigeren Schweißausbruch, den man als deutlichstes Zeichen einer Wirkung wertete.

Nach seinem Besuch der Weltausstellung reiste Gebhardt nach Battle Creek und ließ sich dort in der Anwendung der elektrischen Lichtbäder unterweisen. 1895 brachte er das erste Glühlichtbad nach Deutschland, wo dieses in einer Berliner Badeanstalt erstmals zum Einsatz kam.

In Berlin etablierte Gebhardt zunächst ein Institut für Lichtforschung und initiierte schließlich die Gründung der Electricitätsgesellschaft Sanitas, die ab 1899 mit großem Erfolg elektrische Glühlichtbäder herstellte und vermarktete. Innerhalb kürzester Zeit entstanden in den größeren Städten in ganz Europa sogenannte Lichtbadeanstalten, in denen die breite Bevölkerung Zugang zur Lichttherapie erhielt. Die Lichtbäder wurden schnell so populär, dass die etablierte Ärzteschaft aus Sorge um ein „Abwandern“ ihrer Patienten in die Selbstbehandlung mit Licht damit begann, diesem Trend gegenzusteuern: Willibald Gebhardt wurde nach der Publikation seines Buches Die Heilkraft des Lichts (1898) von den Medizinern öffentlich als unseriös und unwissenschaftlich diffamiert. Und man versuchte, die Lichtbadeanstalten als Orte zu brandmarken, wo Kurpfuscherei anstelle einer seriösen physikalischen Therapie angeboten wurde.

Quellenangaben

  • 1 Das vegetative Nervensystem reguliert die automatisch ablaufenden Körperfunktionen, darunter Pulsrate, Blutdruck und Muskeltonus.