Das „Schwellenerlebnis“ Geburt ist die natürlichste Sache der Welt. Doch statt diesen wunderbaren Übergang in eine neue physische Verkörperung sanft getragen machen zu dürfen, werden Babys heutzutage meist grob ins grelle Licht eines sterilen Gebärsaals hinausgezerrt. Dieses geradezu brutale Vorgehen, das die essenziellen Mutter-Kind-Bindungsprozesse stört, beeinträchtigt die geistige Entwicklung der gesamten Gesellschaft.
Die Realität ist heute jedoch meist eine andere. „Die zivilisierte Geburt, also die intellektuelle Einmischung in das, was allen Frauen spontan und natürlich käme, unterminiert den Vorgang des Bonding schon seit Jahrhunderten. Nichts in unserer gesamten Geschichte kommt jedoch an die Katastrophe der medizinischen Kindergeburt des zwanzigsten Jahrhunderts heran, die unsere genetisch einprogrammierten Bindungen Punkt für Punkt zerstört und einen so massiven Schaden angerichtet hat, dass er möglicherweise nicht wiedergutzumachen ist. Der Intellekt der männlichen Ärzte hat sich in die weibliche Intelligenz eingemischt und tatsächlich einen größeren Abschnitt ihres Lebens zerstört. Die medizinische Geburt ist eine der zerstörerischsten Kräfte, die je aus dem männlichen Kopf hervorging, und eine der zerstörerischsten Kräfte, die heute auf der Erde wirksam sind.“ Das schreibt der Gehirnforscher und Neurobiologe Joseph Chilton Pearce in seinem Buch Der nächste Schritt der Menschheit, worin es um die Entfaltung des menschlichen Potenzials aus neurobiologischer Sicht geht.
Bekanntermaßen nutzt der größte Teil der Menschheit gerade mal fünf bis acht Prozent des innewohnenden geistigen Potenzials. Selbst die Hochbegabten und Genies schöpfen nur zwölf bis zwanzig Prozent ihrer Möglichkeiten aus. Und wer die Welt mit offenen Augen betrachtet, muss zugeben, dass wir sogar dieses wenige eher nicht zum Guten verwenden. Wie wir mit uns, unseren Mitmenschen und der Welt umgehen, offenbart einen großen Mangel an Liebesfähigkeit. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Art und Weise, wie wir das Licht der Welt erblicken, spielt eine entscheidende Rolle für die geistige Entwicklung der Menschheit. Während der heute üblichen Klinikgeburt kommt es oftmals zum „Zerreißen des Bandes“ zwischen Mutter und Kind. Dieses „Bonding“ ist jedoch außerordentlich wichtig für die Liebesfähigkeit und auch intellektuelle Entwicklung eines Menschen. Wer die Kontrolle über die Mütter und die Geburten hat, besitzt entweder die Möglichkeit der negativen, schädigenden Manipulation oder kann die Natur und ihre Gesetze geschehen lassen. Letzteres erfordert volles Vertrauen der Eltern, insbesonders der Mutter zu sich selbst und zu ihrem Kind, und eine Hebamme, die Glauben in ihre Fähigkeiten und in die Schöpfung hat.
Aber gerade die Hebammen mussten in den vergangenen Jahrhunderten eine Menge über sich ergehen lassen, wie ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher zeigt.
Bei den Naturvölkern und für lange Zeit auch in der sogenannten zivilisierten Welt war die Geburt Frauensache und Hebammen genossen eine hohe Achtung. In der Antike nannte man sie sogar „Heilige Frauen“. Männer waren damals nie bei einer Geburt anwesend. Mit Hippokrates (460 – 377 v. Chr.) aber begannen die Männer, das vorhandene Wissen der Frauen systematisch abzufragen und aufzuzeichnen und immer stärker die Kontrolle über die Geburtshilfe zu übernehmen. Ab der Spätantike (300 – 600 n. Chr.) wurden die Klöster zu Horten der Wissenschaft und Heilkunst. Über das Thema Geburt wurde nun vor allem im Zusammenhang mit der „Geburt Christi“ geredet oder geschrieben. Jesus Christus sei ohne Geschlechtsakt mit einem Mann, sondern vielmehr durch den Heiligen Geist gezeugt worden. Diese Lehre der Kirche stand im völligen Widerspruch zum Wissen und den Erfahrungen der Hebammen, in deren Händen die Geburtshilfe zu dieser Zeit immer noch weitgehend lag. Es entbrannte ein Glaubensstreit zwischen Hebammen, Müttern und heilkundigen Frauen einerseits und Mönchen und Priestern mit ihrer abstrakten Lehre der „Jungfräulichen Geburt“ andererseits. Die zunehmende Frauenfeindlichkeit der Kirchenführer bewirkte, dass Hebammen, die sich gegen die Kirchenlehre aussprachen, unter Strafe gestellt wurden. Geburtshilfe wurde als unwissenschaftlich und unehrenhaft deklariert und wer sich damit beschäftigte, verlor sein Ansehen in der Gesellschaft.
Im Jahr 1484 schrieb Papst Innozenz VIII.: „Niemand schadet dem katholischen Glauben mehr als die Hebammen.“ Und im gleichen Jahr erschien der berüchtigte Hexenhammer, der die Hexenverfolgungen in großem Maßstab einleitete und legitimierte. Zur Zeit der intensivsten Verfolgung von 1627 bis 1630 wurden beispielsweise in Köln alle Hebammen verbrannt. Das war eine gezielte Zerstörung der weiblichen Heilkunst und Intuition. Männer hatten über Jahrhunderte über die Frauen und ihren wertvollen Dienst für das werdende Leben keine Kontrolle gehabt. Dank der Frauen waren seinerzeit Medizin und Religion eins und die Frauen konnten sich frei ohne kirchliche Reglementierungen bewegen. Die Inquisition hingegen bezeichnete die Arbeit der Hebammen als „religiöse Verwahrlosung“, was bedeutete, nicht mit den Prinzipien der Kirche übereinzustimmen.
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