Immer mehr junge Menschen fühlen sich nicht nur im falschen Körper gefangen – nein, sie wollen überhaupt keinem Geschlecht mehr angehören. Obwohl Transgender-Menschen heute leichter ihren Willen erhalten, finden viele trotzdem nicht das ersehnte Glück.
Als der Astronaut Neil Armstrong 1969 nach seinem Spaziergang auf dem Mond wieder zurück auf der Erde von einem Journalisten gefragt wurde, ob er während seines Ausflugs ins All auch Gott begegnet sei, soll er geantwortet haben: „Ja. Und sie ist schwarz.“
Emanuel Cleaver wollte einen ähnlich tiefsinnigen Witz zum Besten geben, was aber gründlich misslang. Als ehemaliger Methodisten-Pastor durfte der Afroamerikaner am 3. Januar 2021 nämlich das Gebet zur Eröffnung des neu gewählten US-Kongresses sprechen. Diese Ehre gedachte er zu nutzen, um ein in seinen Augen humorvolles Statement abzugeben. Also beendete der demokratische Abgeordnete sein Gebet wie üblich mit „Amen“, fügte dann aber nach einer kurzen rhetorischen Pause hinzu: „... and a-woman!“
Weil jedoch die Bedeutung des hebräischen Worts „a-men“1 rein gar nichts gemein hat mit dem englischen Wort für Männer – „men“ –, ist an dieser Stelle eine Frau – „a woman“ – nun wirklich völlig fehl am Platz. Entsprechend viel Spott musste Cleaver einstecken. Dass er öffentlich beteuerte, man habe ihn missverstanden, half wenig. Zuspruch erntete er hingegen bei den Vertretern der „Aufgeschlossenheitskultur“, die den Fauxpas des Ex-Pastors als Bekenntnis für eine „inklusive“ und „diverse“ Weltanschauung lobten – was aber zugleich auch den Bildungsstand der Betreffenden offenbart.
Das aktuelle Gender-Mainstreaming, welches die „kulturell überlieferten“ Geschlechter von Mann und Frau in Abrede stellt, ist ein plakatives Beispiel, wohin das Nichtwissen bezüglich kosmischer Gesetzmäßigkeiten und die Ignoranz gegenüber der Biologie führen. Transgender liegt voll im Trend, denn das Geschlecht sei fließend und letztlich nur abhängig von der inneren Befindlichkeit, so verkünden es die Befürworter von „nichtbinären“, „geschlechtsfluiden“, „pan-gender“ und „trans-Menschen“ den verwunderten „Cis-Menschen“, die sich in dem Geschlecht wohlfühlen, mit dem sie geboren wurden. Allein in der kleinen Schweiz sollen 40'000 Jugendliche, ein halbes Prozent der Bevölkerung, mit ihrem biologischen Geschlecht auf Kriegsfuß stehen oder sich schlicht weigern, überhaupt einem Geschlecht anzugehören. Das gilt in diesem Rahmen auch für das bevölkerungsmäßig gleich große Österreich. Solche Zahlen decken sich mit einer repräsentativen Umfrage, die 2016 in den USA durchgeführt wurde, wonach sich dort ebenfalls ein gutes halbes Prozent der Bevölkerung als transgender bezeichnen – also immerhin knapp zwei Millionen Menschen.
Für Deutschland gibt es keine verlässlichen Zahlen. Eines ist aber klar: Die offiziell häufig kolportierte Zahl von ungefähr 7'000 Transgender ist viel zu niedrig. Man geht davon aus, dass 70'000 Personen chirurgische Eingriffe haben machen lassen oder dies möchten, um ihr Geschlecht zu verändern. Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität vermutet sogar, mindestens eine von 480 Personen habe in Deutschland die Geschlechtsrolle vollständig gewechselt, sich deswegen also auch unters Messer gelegt. Das wären immerhin fast 175'000 Menschen. Doppelt so viele seien es wohl, wenn man jene dazurechne, „die mit Hormonen und einem sozialen Wechsel zufrieden sind“. Somit würde auch in Deutschland ungefähr ein halbes Prozent der Bevölkerung das eigene biologische Geschlecht ablehnen.
Guy T’sjoen, Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Sexologie und Gender am Universitätskrankenhaus von Gent (Belgien), erkennt darin ein stark wachsendes Phänomen: „In der Zeit zwischen 2000 und 2010 sahen wir jedes Jahr rund 30 Patienten. Seit 2010 ist ihre Zahl exponentiell gestiegen bis weit über das Zehnfache hinaus. Irgendetwas hat sich da geändert.“ Deshalb diskutieren hierzulande Politiker über die Einführung eines dritten und neutralen Geschlechts. Manche Länder könnten es künftig sogar akzeptieren, dass man ohne psychiatrisches Gutachten bei der zuständigen Einwohnerbehörde mit einer bloßen Unterschrift das offiziell anerkannte Geschlecht ändern kann. In der Schweiz, wo beispielsweise die allgemeine Wehrpflicht für Männer besteht, fürchten kritische Stimmen deswegen bereits um den Fortbestand der Milizarmee: Rekruten könnten sich dereinst womöglich um den Militärdienst drücken, indem sie sich vor der Musterung kurzerhand zur Frau erklären.
Wie dem auch sei: Die Transgender-Bewegung nimmt immer mehr Fahrt auf. Die Londoner Tavistock-Klinik2 zum Beispiel ist auf minderjährige Transgender spezialisiert und meldete für das Jahr 2020 einen weiteren exponentiellen Anstieg an medizinischen Überweisungen, vor allem bei den Mädchen: Gab es 2008 noch 30 Fälle, so waren es bereits 2018 über 1'700, also 56-mal so viele! Hierbei geht es nicht nur um operative Geschlechtsumwandlungen. Die Pubertierenden erhalten Hormonersatztherapien und schlucken chemische Pubertätsblocker, ohne dass dafür eine psychiatrische Abklärung oder eine Psychotherapie notwendig wäre, kritisiert die in Zürich praktizierende Psychologin Barbara Beckenbauer.3 Von den gesundheitlichen Bedenken abgesehen gaukele man den Jugendlichen eine Welt ohne Schranken vor: „Das Kind darf jederzeit uneingeschränkt über sich selbst bestimmen. Wenn du dich heute als Mann fühlst und morgen als Frau, dann ist das völlig okay. Umso größer wird die Enttäuschung sein, wenn realisiert wird, dass die zugrundeliegende Unzufriedenheit trotz allem nicht verschwindet.“
Die Wall Street Journal-Journalistin Abigail Shrier fand im Gespräch mit 200 betroffenen Jugendlichen und fünfzig ihrer Familien heraus, dass vor allem Mädchen häufig auf den Transgender-Zug aufspringen, weil sie einerseits eine starke innere Leere verspüren und andererseits aufgrund ihrer Social Media-Sucht um jeden Preis nach Aufmerksamkeit suchen. Viele von ihnen hätten nie ein Unbehagen aufgrund ihres biologischen Geschlechts verspürt, schreibt Shrier, bis sie an der Schule eine Coming out-Geschichte eines Gastredners oder im Internet Videos mit Trans-Influencern entdeckt hätten. „Sich als Transgender zu outen, steigert zwar sofort den sozialen Status dieser Mädchen. Aber wenn sie einmal die ersten Schritte zur Transition [Geschlechtsumwandlung, Anm. d. Red.] genommen haben, gibt es keinen einfachen Weg zurück.“ Die Buchautorin warnt eindringlich vor psychischen Störungen und dauerhaften Schäden wie Mastektomie (Brustentfernung) oder Unfruchtbarkeit durch Hormonkuren.
Längst geht es nicht mehr nur darum, sich im biologisch falschen Geschlecht zu fühlen und sich deshalb mit dem anderen Geschlecht zu identifizieren – als Mann oder als Frau. In ihrem Mitte 2020 in den USA veröffentlichten Buch Irreversible Damage: The Transgender Craze Seducing Our Daughters4 weist die Wall Street Journal-Journalistin Abigail Shrier darauf hin, dass immer mehr Mädchen das Mann-Frau-Schema komplett ablehnen und als „queer“5 oder „trans“ angesehen werden wollen. Laut Erhebungen wollen auch in Europa bereits ein Drittel der Trans-Jugendlichen keinem „binären“ Geschlecht zugeordnet werden und demnach faktisch als ein Neutrum gelten. Dieses moderne Phänomen wurzle nicht in der traditionellen Geschlechtsdysphorie (bei welcher man sich von Kind an im falschen Körper fühlt): Vielmehr seien es unglückliche junge Menschen, die vorher nie ein Problem mit ihrer Geschlechtszugehörigkeit hatten und nun plötzlich meinen, die Ursache für ihr Unglücklichsein gefunden zu haben, schreibt Shrier. Dass der aktuelle Transgender-Boom tatsächlich stark auf äußere soziale Einflüsse und nicht allein auf die innere Befindlichkeit zurückgeführt werden muss, zeigt sich an den exponentiell steigenden Fallzahlen der letzten Jahre. Anders lassen sich diese kaum erklären.
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