Mit dem Kulturmarxismus in die neue Weltordnung?

In der „freien Welt“ wird das unabhängige Denken vom Meinungsdiktat erstickt, das sich in allen Institutionen der Gesellschaft festgesetzt hat. Dies geschah ebenso stetig wie die Manipulation der Massenpsyche. Das Jahr 2020 offenbart nun, wohin uns der Weg führt.

Das Trojanische Pferd war schon in der Antike ein Symbol für vermeintliche „Geschenke“, die in Wahrheit dem Unheil Tür und Tor öffnen.

Das Trojanische Pferd war schon in der Antike ein Symbol für vermeintliche „Geschenke“, die in Wahrheit dem Unheil Tür und Tor öffnen.

Es war der 21. Mai 1992. Mehrere Hundert Persönlichkeiten aus aller Welt hatten sich zum jährlichen Bilderberger-Treffen versammelt, das diesmal im französischen Evian am Genfersee stattfand. Was dabei jeweils hinter verschlossenen Türen beredet und beschlossen wird, bleibt geheim. Davon ging auch der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger aus, als er vor der versammelten illustren Gesellschaft seine Rede hielt. Er konnte ja nicht wissen, dass ein Schweizer Teilnehmer seine Worte heimlich auf Band aufnehmen würde. Was Kissinger sagte, ist in unseren Tagen so aktuell wie nie: „Heute wären die Amerikaner aufs Höchste empört, wenn UN-Truppen in Los Angeles einmarschieren würden, um für Ordnung zu sorgen – morgen werden sie dankbar dafür sein. Umso mehr, wenn man ihnen sagen würde, es existiere eine Bedrohung, die von außen kommt und ganz unmittelbar unser Leben bedroht – ob sie tatsächlich real ist oder bloß herbeigeredet, spielt dabei keine Rolle. Dann ist die Zeit gekommen, da alle Völker auf Erden die Weltführer anflehen werden, sie von diesem Bösen zu erlösen. Die eine Sache, die jeder Mensch fürchtet, ist das Unbekannte. Konfrontiert man die Menschen mit diesem Szenario, so werden sie ihre individuellen Rechte bereitwillig aufgeben, wenn sie von ihrer Weltregierung dafür die Garantie für ihr Wohlergehen erhalten.“

Diese Angst vor dem Unbekannten wird besonders durch diffuse Bedrohungen geschürt, weil man solche nicht klar verorten kann. Spulen wir vorwärts zum 17. April 2020. Mitten im Corona-Lockdown publizierte die Schweizer Illustrierte ein Interview mit Charles Nguela. Der gebürtige Kongolese lebt als Komiker in der Schweiz. „Halten Sie die aktuelle Situation besser aus, weil Sie Krisen aus Ihrer Heimat, dem Kongo, kennen?“, wurde er gefragt. Seine Antwort: „Diese Situation kenne ich auch nicht. Ich fühle mich zwar in Gefahr, aber nicht in direkter. Das Virus ist ein unsichtbarer Feind, und damit kann man nicht richtig umgehen. Im Krieg höre und sehe ich meinen Feind. Du weißt, wohin du flüchten musst, wem du vertrauen kannst. Aktuell ist es so, dass du deinen Mitmenschen gegenüber misstrauisch wirst. Jeder, der neben dir atmet, ist eine Gefahr.“

Das behördlich verordnete Maskentragen in der Öffentlichkeit zementiert dieses omnipräsente Gefühl von Bedrohung. In der Folge kapseln wir uns innerlich ab, wie es Krebszellen tun, und gehen damit nicht nur physisch auf Abstand. Das erinnert an den machiavellistischen Leitsatz divide et impera – teile und herrsche. „Es fühlt sich an, als wären wir im Krieg“, klagte auch die bekannte Performancekünstlerin Marina Abramovic während des Lockdowns im April gegenüber dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. „Ich weiß, uns bedroht kein Krieg, sondern ein Virus, aber ich denke, auch das ist ein furchtbarer Gegner“, erklärte Abramovic weiter. „Dass wir so wenig über diesen Gegner wissen, dass er unsichtbar ist, macht ihn so gefährlich, und wir alle spüren diese Gefahr.“ – Henry Kissinger würde bei diesen Worten wissend lächeln.

Vor zwei Jahrzehnten begann die Weltgemeinschaft einen vergleichbaren Krieg gegen die Unberechenbarkeit. Damals waren Terroristen die immerhin noch von Auge wahrnehmbaren Zielscheiben. Was der Krieg gegen den Terror uns in letzter Konsequenz beschert hat, lässt sich mit zwei Worten zusammenfassen: Überwachungsstaat und Flüchtlingskrise.

Heute redet man uns ein, wir befänden uns mitten im Krieg gegen ein ebenso unsichtbares wie gnadenloses Virus. Dieses Feindbild wird richtiggehend kultiviert. So ist es wohl kein Zufall, dass ausgerechnet der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in seiner Rede zur Nation bezüglich der Coronakrise dem Volk sechsmal das Wort „guerre“ (Krieg) entgegenschleuderte. Als ehemaliger Rothschild-Banker dient Macron seit Langem den Interessen einer globalen Schattenelite.1 Diese besitzt nicht nur Geld und Einfluss, sondern auch eine höchst nützliche Tugend, wenn man auf die Gleichschaltung der Menschen hinarbeitet: Geduld. In solchen Kreisen denkt man in Generationen, nicht in Jahren. Das Experiment mit dem Frosch im Kochtopf ist ihnen wohlbekannt: Wenn man die Temperatur ganz langsam erhöht, bleibt das Tier im Wasser sitzen, bis es zu Tode gekocht ist. Und so warten diese Leute still, bis ihre Saat aufgeht und reift.

Menschen lassen sich besonders leicht manipulieren, wenn man sie gegeneinander ausspielen kann. Wenn sich zwei streiten, freut sich bekanntlich der Dritte. Früher hieß es Kommunismus gegen Kapitalismus. Die (etablierten) Parteien von heute unterscheiden sich hingegen in ihren Programmen längst nicht mehr so stark wie früher. Der Mainstream schleift auch der Politik ihre Ecken und Kanten ab. Die neuen Inquisitoren betrachten sich selbst als Wächter über das, was moralisch gut oder moralisch verwerflich ist. Hierbei sind „Shitstorms“ an der Tagesordnung, weil die verbale Verrohung durch die digitalen Gesellschaftsmedien unsere Gesellschaft bereits auf gefährliche Weise vergiftet hat. Es braucht wahrlich nicht viel, um das Feuer der selbstgerechten Empörung hochlodern zu lassen. Solche Moralapostel bezeichnen sich neuerdings stolz als „woke“, also als „erwacht“ im Gegensatz zu ihren tumben Mitmenschen. Doch ausgerechnet diese vermeintlich Guten und Gerechten sind in ihrem lautstarken Bekenntnis für soziale Gerechtigkeit die Opfer eines subtilen und schleichenden Umerziehungsplans geworden, der uns letztlich die Freiheit des Denkens und der Meinung nehmen soll.

„Linksradikale Hochburgen“

Der durch weiße Polizisten verursachte Tod von George Floyd führte in vielen Großstädten der USA zu gewalttätigen Exzessen und Plünderungen, wie man sie seit den Rassenunruhen in den Sechzigerjahren nicht mehr erlebt hatte. Das Verstörende daran war, in welchem Ausmaß Politiker, Intellektuelle und Journalisten diese Akte mutwilliger Zerstörung abwiegelten und sogar rechtfertigten. Als ein US-Senator in einem Gast- kommentar der New York Times den Armeeeinsatz als letztes Mittel gegen die Plünderungen empfahl, hallte ein Aufschrei der Empörung durch die Zeitungsredaktion. Und James Bennet, der für die Veröffentlichung der Kolumne verantwortliche Redaktionsleiter, wurde umgehend gefeuert.

„Das ganze System zerstören“: Der amerikanische Literaturprofessor John M. Ellis warnt, dass die aufflammende Gewalt in den USA erst der Anfang des Umsturzes sei.

„Das ganze System zerstören“: Der amerikanische Literaturprofessor John M. Ellis warnt, dass die aufflammende Gewalt in den USA erst der Anfang des Umsturzes sei.

Drei Monate zuvor hatte dieselbe Zeitung den Beitrag eines afghanischen Terroristen und Verbündeten von Al-Kaida veröffentlicht, worin dieser den Machtanspruch der Taliban propagierte. Die US-Regierung hatte auf den Mann ein Kopfgeld von zehn Millionen Dollar ausgesetzt. Trotzdem fand die Redaktion der New York Times den Text großartig.

Das überrascht John M. Ellis nicht. Der emeritierte Professor für deutsche Literatur an der University of California warnt seit Langem vor der Politisierung des amerikanischen Bildungssystems. Die marxistische Idee einer klassenlosen Gesellschaft mag politisch versagt haben, doch als Kulturmarxismus trimmen seine Ideologen unsere Welt höchst erfolgreich auf ihren Gesinnungskurs. Diese subtile kulturelle Umerziehung begann in den USA schon vor einem halben Jahrhundert und hat längst auch Europa erreicht. Gerade Universitäten sollten eigentlich Bastionen der Meinungsfreiheit und des objektiven Diskurses sein, weil sie die künftige intellektuelle Elite heranziehen. Stattdessen schulen sie das Denken mit Scheuklappen. Amerikas Unis „sind zu linksradikalen Hochburgen geworden“, wo Wissenschaft durch Indoktrination ersetzt worden sei, klagt Ellis an. Die jüngsten Ereignisse in Amerika seien nur der Anfang, denn die Campus-Radikalen hätten ihren Angriff auf die Gesellschaft gerade erst begonnen. Wie so häufig übernehmen die USA auch hierbei eine Vorreiterrolle, weshalb ein Blick auf die neue Welt zeigt, was der alten blüht.

Die Radikalisierung passierte Schritt für Schritt. 1969 kamen auf zwei Professoren rechts von der Mitte drei Professoren links von der Mitte. „Das war eine ausgewogene Situation, die eine gesunde Debatte zwischen den beiden Seiten ermöglichte“, erklärte John Ellis Mitte Juli 2020 im Gespräch mit der Schweizer Weltwoche. Was der Literaturprofessor damit meint, fasste der liberale Philosoph John Stuart Mills, einer der bedeutendsten Denker des 19. Jahrhunderts, einst in die Worte: „Eine Partei der Ordnung und Stabilität und eine Partei des Fortschritts oder der Reformen sind beide notwendige Elemente eines gesunden politischen Lebens. Es ist in hohem Maße die Opposition des jeweils anderen, die jede Partei innerhalb der Grenzen der Vernunft hält.“

Was ist Kulturmarxismus?

Die Industrialisierung verbesserte nach und nach den Wohlstand der Massen, weshalb die Marxisten vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg dazu übergingen, die kulturellen Institutionen in der Gesellschaft zu unterwandern. Mit der politischen Korrektheit führten sie eine soziale Kontrolle und ein „progressives“ Meinungsdiktat ein, zumeist mit dem Schwerpunkt auf Klassenumstülpung, Rassenverleugnung und Geschlechtergleichschaltung. Zudem wollen sie die Menschen in möglichst großer staatlicher Abhängigkeit halten: Desorientierte, kulturell entwurzelte Menschen ohne Familienbindungen und ohne jedes Herkunftsbewußtsein wenden sich automatisch an den Staat.

Vernunft und gesunder Menschenverstand haben sich gerade in Coronazeiten als seltenes Gut erwiesen. Schuld daran ist nicht zuletzt die Tatsache, dass Andersdenkende in der Öffentlichkeit immer öfter diffamiert und mundtot gemacht werden. Diese Zensur erschwert aber das Abwägen von Für und Wider, die Reibung zwischen These und Antithese, woraus eine (hoffentlich) bessere Synthese als Lösung des Problems erst entstehen kann. Das ist das Fundament einer Demokratie, wo Notstands- und Ermächtigungsgesetze, welche sich unsere Regierungen wegen Corona nun landauf, landab von den Parlamentariern ausstellen lassen, nichts verloren haben. Darüber hinaus formt man die öffentliche Meinung durch ein (mehr oder weniger) subtiles Spiel auf der Klaviatur der Massenpsyche. Fachleute sprechen hierbei auch gerne von der „Delphi- Methode“. Sie korrumpiert das erwähnte Hegel’sche Prinzip von These – Antithese – Synthese, indem dafür gesorgt wird, dass der angestrebte Konsens auf ein vorbestimmtes Resultat hinausläuft. Ein konkretes Beispiel, wie wir es von vielen politischen TV-Streitgesprächen oder Podiumsdiskussionen auf lokaler Ebene kennen: Der vorgeblich unparteiische Moderator ist in Wahrheit nicht neutral, sondern bevorzugt die eine Seite und sorgt durch seine Gesprächsführung dafür, dass diese gewinnt oder zumindest in einem besseren Licht dasteht.

Auf vergleichbare Weise wurde auch die Neutralität von Bildungsstätten gekapert: Gemäß einer Studie betrug das Verhältnis von linken und rechten Professoren an amerikanischen Unis zur Jahrtausendwende bereits 5:1. Ein halbes Jahrzehnt später 8:1. Heute kommen 13 linke Professoren auf einen rechten. Doch selbst das ist nur die halbe Wahrheit. „Laut jüngsten Analysen der Verhältnisse unter Assistenzprofessoren und außerordentlichen Professoren der nächsten Lehrkörpergeneration beträgt das Verhältnis in diesen Rängen schon 48:1“, betont John M. Ellis. Nach den naturwissenschaftlichen werden nun sogar die wirtschaftlichen Fakultäten zu linken Hochburgen. Die Geistes- und Sozialwissenschaften waren schon vor zwanzig Jahren fast zu 100 Prozent links.

Die Auslöschung einer echten politischen Debatte auf dem Campus führe automatisch zu einer Radikalisierung der Studenten, warnt Literaturprofessor Ellis: „Da alle auf der einen Seite des politischen Spektrums stehen, geht die Meinungsführung an diejenigen über, die bei der Förderung der linken Ideen am extremsten sind. Folglich werden die amerikanischen Universitäten nicht nur von den Linken, sondern von den radikalen Linken dominiert. Ich denke, die meisten Bürger sind sich nicht bewusst, wie stark die radikale Linke geworden ist. Die Bürger wurden von den Gewalttätigkeiten, Ausschreitungen und dem Abriss von Denkmälern überrascht.“

Donald Trump kennt die Gefahr und drohte den reichen Elite-Universitäten, ihren Status als steuerbefreite Institutionen aufzuheben. Sie hätten ihren politisch neutralen Bildungsauftrag vergessen und seien zu Brutstätten des Linksextremismus geworden, so der Vorwurf des US-Präsidenten.

Quellenangaben