Glückliche Partnerschaft: Triebe statt Liebe?

Unsere Zukunft sieht nicht sehr gut aus, da immer mehr Menschen ihrem Triebleben erliegen und dabei den eigentlichen Zweck ihrer Existenz völlig aus den Augen verlieren. Seien Sie mutig, wagen Sie, hier zu lesen, was falsch läuft in unseren Betten und Beziehungen – und was es zu einem wirklich glücklich erfüllten Leben braucht.

Angeblich befinden wir uns am Anfang der dritten sexuellen Revolution. Findet sie tatsächlich statt, hat sie das Potenzial, den Fortbestand der zivilisierten Länder zu gefährden. Denn die Sexualität ist dabei, sich vom Gefühl der Liebe und dem Wunsch nach Beziehung zu lösen, wie es eine 18jährige Schweizer Schauspielerin und Journalistin in einem Artikel in der Zeitung Weltwoche1 unbefangen sagt: „Unsere Generation wird oft als beziehungsunfähig abgetan. Ehrlich gesagt, klassifizieren wir uns sogar selber mit diesem Attribut. Dies kommt nicht von ungefähr. Viele Jugendliche in meinem Alter wollen keine festen Bindungen eingehen. Sie möchten sich nicht binden und Verpflichtungen aufbürden. Ist dies so, weil in der heutigen Zeit alles so schnell geht und sich ständig neue Möglichkeiten ergeben, die man auf keinen Fall verpassen will? Vielleicht kommt ja irgendwann etwas Besseres daher. Nur weil zwei Leute sich jeden Tag sehen, zusammen schlafen, die Familie des anderen kennen und alles übereinander wissen, heißt das noch lange nicht, dass sie auch zusammen sind. Sie erklären ihren Beziehungsstatus lieber mit ‚Ach weißt du, wir wollen uns nicht definieren und einfach die Zeit genießen. Nein, nein, wir sind nicht zusammen! Wir sind Freunde.‘ So verläuft die typische Beziehung der Jugend. Wir wundern uns nicht einmal mehr darüber, so normal sind solche Pärchen geworden. Erfahrungsgemäß halten diese Arrangements nie lange an. Entweder die zwei kommen irgendwann zusammen, oder – was viel öfter der Fall ist – sie trennen sich wieder.“

Ehen werden im Himmel geschmiedet – um dann oft eine unsanfte Bruchlandung hinzulegen. Und alles nur, weil der Himmel zu sehr in Vergessenheit geraten ist.

Ehen werden im Himmel geschmiedet – um dann oft eine unsanfte Bruchlandung hinzulegen. Und alles nur, weil der Himmel zu sehr in Vergessenheit geraten ist.

Die Journalistin sieht das Internet als „Ursprung unseres Freimuts. In seinen Weiten wird man immer wieder mit dem Thema Sexualität konfrontiert.“ Es überbrücke auch Hemmschwellen – beispielsweise davor, intime Fotos von sich selbst zu versenden. Und es habe das Kennenlernen revolutioniert: „Durch Dating-Apps wie Tinder ist es viel einfacher geworden, jemanden kennenzulernen. Die Online-Partnersuche ist zur natürlichsten Sache der Welt geworden; wer die Dating-Apps verschmäht, wird belächelt und als altmodisch abgetan.“ Tinder ist eine App, die einem dort, wo man sich gerade aufhält, paarungsbereite Menschen präsentiert, denen man dann Interesse oder Desinteresse signalisieren kann. Am Vorurteil, dass besonders Männer die App als offene Tür für schnellen, unverbindlichen Sex benutzen, sei „eindeutig etwas dran. Oft sieht man Chatverläufe, die mit einem ‚Hey, hast du Lust, mit mir zu schlafen?‘ beginnen“, schreibt die junge Frau.

Verliebtheit, die in die Sehnsucht nach ständigem Nahesein und zum Wunsch führt, das Leben miteinander zu teilen – das, was man bislang „Beziehung“ nannte –, weicht bei den jungen Leuten immer mehr einer Konsummentalität: Im Sommer suche ich mir auf Tinder oder einer anderen Dating-App einen Typen mit tollem Body für den Badestrand, im Herbst einen Naturfreak, der gern mit mir in die Berge geht, und wenn die Novembernebel die Tage grau und öd werden lassen, ersetze ich ihn durch einen gemütlichen Kuschelbären, der möglichst auch noch gerne kocht für den Winter, und im nächsten Frühjahr, wenn mir dann der Sinn mehr nach Städtereisen steht, finde ich einen urbanen, kulturbewanderten Reisefan, der tagsüber perfekter Stadtführer und nachts heißer „Romantic Lover“ ist – wollte ich nicht schon immer mit einer Pferdekutsche durch den Central Park fahren? Richtige Liebe ist bei diesem Bäumchen-wechsle-dich-Spiel bloß hinderlich. Warum sich mit Beziehungsstress und womöglich sogar Liebeskummer belasten, wenn man doch auch einfach endlos viel Spaß haben kann?

Die deutsche Ärztin Heike Melzer, Autorin des Buchs Scharfstellung – Die neue sexuelle Revolution malt in einem Interview mit der Schweizer Zeitung Blick ein noch düstereres Bild unserer amourösen Gegenwart: „Sonntagabend, halb Deutschland schaut den Tatort. Nachher sagt der Mann: ‚Ich gehe die Mails checken.‘ Die Frau: ‚Schatz, ich geh ins Bett.‘ Der Mann switcht von den E-Mails zu den Pornos. Die Frau liest ihren Erotikroman und holt das Sexspielzeug raus.“

Die Ärztin ist überzeugt, dass Sexspielzeug, Dating-Plattformen und Pornografie unsere Beziehungen tiefgreifend verändern. Melzer: „Die Liebe hat es eh schon schwer mit den Trieben. Liebe braucht Nähe. Erotik braucht Abstand. Pornos, Sextoys, unverbindliche Sexangebote buhlen nun mit dem Sex in Beziehungen. Das alles sind Superreize, die unsere Rezeptoren eichen, sodass wir irgendwann auf die natürlichen Reize eines Partners gar nicht mehr ansprechen.“

Und so ganz nebenbei ist der Gefühlsfokus vom Herzen in die Hose gewandert, und wenn er sich dort einmal etabliert hat, ist es enorm schwierig, überhaupt wieder Liebesoder Verliebtheitsgefühle im Herzen zuzulassen – der Mensch ist zum triebgesteuerten Wesen geworden.

Wohin treibt eine Gesellschaft, in der Elfjährige – manchmal sogar schon Acht- und Neunjährige – über ihr Handy oder das des Schulkameraden freien Zugang zu Pornos haben? Wo bleibt noch Raum für Träume, Sehnen, Romantik, wenn man schon im Kindesalter mit übelsten Praktiken konfrontiert wird, wo die Frau immer willig zu sein hat, „geil“ aussehen muss, alles mitmacht und an allem Gefallen findet? Und wo der Mann stets Hochleistung bringen muss und dabei die Frau dominiert und benutzt? Wundert es da, dass sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen zugenommen haben?

Die Gesellschaft wird gewalttätiger. So gaben kürzlich 19 Prozent von befragten Neuntklässlerinnen (15-Jährige) an, schon Opfer von sexueller Gewalt geworden zu sein – also jedes fünfte junge Mädchen! Noch vor 15 Jahren kamen die Täter hauptsächlich aus der Familie (Vater, Stiefvater, Onkel). Heute sind es vor allem junge Männer, die man beim Ausgehen kennenlernt. Und die leben dann mit dem fremden Mädchen das aus, was sie sich täglich mit Internetpornos reinziehen. 2017 wurde auf die beliebteste Pornoseite (81 Millionen Besucher pro Tag) Videomaterial mit einer Laufzeit von 68 Jahren hochgeladen! Laut Experten soll bereits ein Drittel des Internets aus pornografischem Material bestehen.

Leider konsumieren auch immer mehr Frauen Pornos; sie machen mittlerweile einen Viertel der Nutzer aus. Dies bestätigt auch die Statistik: 2017 wurde eine Zunahme um 1'400 Prozent beim Suchwort „Porno für Frauen“ verzeichnet. Üble Suchwörter, die wir hier nicht wiedergeben möchten, wurden bis 500 % häufiger von Frauen angeklickt, während der Begriff „romantischer Sex“ den vergleichsweise kleinen Zuwachs von „nur“ +125% erreichte.

Was der Porno-Konsum bei Frauen und Mädchen unter anderem anstellt, zeigen zwei neue Phänomene: Wer hätte sich vor zwanzig Jahren vorstellen können, dass bereits 13-jährige Mädchen Korrekturen an ihren Schamlippen vornehmen lassen, weil sie das Gefühl haben, diese wären hässlich? Vor den Zeiten des Internets spielte es überhaupt keine Rolle, wie Schamlippen aussahen – damals waren sie nämlich noch unter „Scham“- Haaren versteckt!

Ebenso absurd ist der in den USA schon weitverbreitete Trend, der – leider – wieder einmal nach Europa überschwappt: sich die Haut im Analbereich bleichen zu lassen. Da die Haut dort dunkler pigmentiert ist, lassen Pornodarstellerinnen sie aufhellen, was nun viele Frauen verunsichert, weil dies dem unbekannten, schnellen Sexpartner missfallen könnte. Ganz abgesehen davon, dass Analverkehr unnatürlich und ungesund ist und mitverantwortlich für das Auftreten von AIDS.

Sodom und Gomorrha?

Das Internet hat das Leben des westlichen Menschen in einer Weise versexualisiert, die nicht nur den Seelen der Betroffenen Schaden zufügt, nicht nur die Beziehungsfähigkeit und -willigkeit drastisch herabsenkt, nein, sie führt auch in die Impotenz und Unfruchtbarkeit. Der russische Energiefeldforscher Sergej N. Lazarev, über dessen Arbeit wir schon des Öfteren in der ZeitenSchrift berichtet haben, stellte fest, dass das Betrachten von Pornofilmen unzweifelhaft dem Körper und der Seele schadet. Laut seinen Messungen ist es schon Porno, wenn ein normaler Film einen lieblosen, auf körperlicher Begierde basierenden Sexualakt zeigt, selbst wenn dabei die Geschlechtsteile nicht zu sehen sind. Die Konzentration liege dabei jedoch klar auf dem Tierischen (womit man den Tieren Unrecht tut, da sie Sexualität nur zur Fortpflanzung anwenden), was, so Lazarev, eine Erniedrigung des Menschlichen und des Göttlichen bedeutet. „Im Prinzip ist es eine Einbahnstraße in die Impotenz“, so der russische Forscher. Daher gibt es immer mehr Paare, die sich zuerst einen Porno anschauen müssen, bevor sie fähig sind, miteinander zu schlafen.

„Je stärker man versucht, seine Sinne mit solchen Hilfsmitteln aufzuwärmen, desto schneller wächst die Konzentration auf den physiologischen Aspekt der Sexualität und umso schneller degeneriert auch das Lustempfinden.“ Am schlimmsten sei virtueller Sex am Computer: „Diese Neigung führt geradewegs zu Impotenz und Schicksalsschlägen.“ Ärztin Heike Melzer kennt dies aus ihrem Praxisalltag: „Ich sehe junge Männer mit Potenzstörungen und Viagra in der Hand, Menschen, die beim Sex mit Partner keinen Orgasmus mehr bekommen, und eine rasante Zunahme von Lustlosigkeit, keiner generellen, sondern einer partnerbezogenen – mit Pornos und Sextoys läuft's prima.“

Quellenangaben

  • 1 In der Weltwoche vom 31. Oktober 2018